Es ist eine schallende Ohrfeige, sagen EU-Diplomaten. Dass ein EU-Kommissionsvorsitzender ein Land derartig an den Pranger stellt, das habe es noch nie gegeben. Jean-Claude Juncker hatte beim EU-Gipfel am Samstag Belgien vor versammelter Runde gerügt. Belgien lähme die Europäische Union. Europa könne nicht investieren, Europa könne nicht wachsen, Europa könne keine starke Außenpolitik führen, sagte Juncker nach Worten seiner Sprecherin. Bis Dienstag solle Belgien also seinen Vertreter in der EU-Kommission benennen. Und es sollte möglichst eine Frau sein.
Die vier Parteien der Schwedischen Koalition geben sich aber unbeeindruckt. Man lasse sich jetzt keinen Druck machen, zitiert die Zeitung De Standaard aus Verhandlungskreisen. Belgien werde "im Laufe der nächsten Tage" einen Namen bekanntgeben. Erst müssten aber die Eckpunkte für die geplanten sozial-wirtschaftlichen Reformen festgelegt werden.
Als mögliche belgische EU-Kommissare im Gespräch sind der amtierende MR-Außenminister Didier Reynders und die CD&V-Politikerin Marianne Thyssen.
Die Liberalen bleiben dabei, dass die CD&V nicht beides haben könne: den Premier und die Kommissarin. Die Tatsache, dass in der derzeitigen EU-Kommission zu wenig Frauen sitzen, das sei im Übrigen allein Junckers Problem, hieß es bei der MR.
Archivbild: Benoît Doppagne (belga)