"Attendez-vous à l'impossible - Erwarten Sie das Unmögliche." Was eigentlich der Wahlspruch der Roten Teufel bei der Fußball-WM war, könnte inzwischen als Landesmotto durchgehen.
Als "impossible" galt zum Beispiel eine Koalition, die auf frankophoner Seite mit der MR nur aus einer einzigen Partei besteht. Und die noch dazu im frankophonen Spektrum noch nicht den Hauch einer Mehrheit hat.
Sind dadurch die Rechte der Frankophonen in Gefahr? Nein! Die Flamen können, Regierung hin oder her, nicht im Alleingang eine Staatsreform durchführen. Und eine Maßnahme kann nur im Konsens beschlossen werden. Die MR kann also nicht überstimmt werden.
"Kamikaze", diese Bezeichnung trifft, wenn überhaupt, dann allein auf die MR zu. Die frankophonen Liberalen pokern hoch. Beschließt die Regierung unpopuläre Maßnahmen, dann muss dafür allein die MR den Kopf hinhalten. Man wird zweifelsohne der MR vorwerfen, den Frankophonen etwas aufzubrummen, ohne dass eben diese Frankophonen den Liberalen dafür ein Mandat erteilt hätten. Der Gegenwind könnte da sehr schnell sehr rau werden. Und wer in fünf Jahren die Regierung bestrafen will, der muss nicht lange nach dem Sündenbock suchen. Belohnen kann man dann allerdings auch nur eine Partei.
Regierung zum Erfolg verdammt
Deswegen ist vor allem aus Sicht der MR diese Regierung zum Erfolg verdammt. Das gilt im Übrigen aber auch für die anderen. Allen voran die N-VA hat ebenfalls viel zu verlieren. Die muss nämlich beweisen, dass neue Besen tatsächlich besser kehren. Eine Schicksalsgemeinschaft unter Erfolgszwang...
Eine Schicksalsgemeinschaft ist diese "schwedische" Koalition auch in dem Sinne, dass es eigentlich gar keine andere Option gab. Ansonsten hätten N-VA und CD&V die OpenVLD in Flandern nie mit ins Boot geholt. Auch "onmogelijk" bis vor kurzem. Man darf objektiv behaupten, dass PS und CDH mit ihrer Hoppla-hopp-Regierungsbildung in Namur und Brüssel Prozesse in Gang gesetzt haben, die praktisch die Kamikaze-Koalition erst denkbar gemacht haben. Es gab quasi nur noch zwei Möglichkeiten: entweder diese Konstellation oder eine monatelange Krise.
Wie das Programm dieser Schwedischen Koalition aussehen wird, da muss man kein Hellseher sein. Die flämische Regierung weist da wohl den Weg. Es dürfte wehtun, vor allem in den nächsten zwei Jahren.
Das allerdings dürfte wohl nicht das alleinige Merkmal einer Mitte-Rechts-Regierung sein. In Namur und Brüssel wird wohl auch die PS nicht an einer Rosskur vorbeikommen. Selbst, wenn sie das bislang noch nicht beziffern will. Insofern wird eine Fundamentalopposition auf föderaler Ebene wohl schwierig, weil wenig glaubwürdig.
In punkto Glaubwürdigkeit haben PS und CDH in Namur ohnehin einen unglücklichen Start hingelegt, wenn sie es nicht hinbekommen, zu zweit mit weniger Ministern auszukommen als der Olivenbaum zu dritt.
Positiv bei alledem ist: Auf allen Ebenen werden ab jetzt kohärente Entscheidungen getroffen, kein Wischiwaschi mehr, sondern eine klare Linie: Mitte-Rechts respektive Mitte-Links.
Negativ ist: Jeder ist des anderen Buhmann. Das politische Klima ist vergifteter denn je. Das macht das belgische Miteinander nicht einfacher. Die verschiedenen Machtebenen müssen nämlich mehr denn je miteinander reden, zusammenarbeiten. 2014 könnte denn auch zu einem Schlüsseldatum werden: Entweder ist es der Auftakt zu einem wirklich erwachsenen Föderalstaat. Oder es zeigen sich bald die Grenzen des belgischen Miteinanders. "Erwarten Sie das Unmögliche"...