Geld stinkt nicht. Das gilt im Fall BNP Paribas wohl für alle Beteiligten. Erstmal für die Bank selbst. BNP Paribas ist in den USA zu einer Monstergeldbuße verurteilt worden: knapp neun Milliarden Dollar, umgerechnet mehr als 6,5 Milliarden Euro. Der Grund: BNP Paribas hat Geschäfte mit Staaten getätigt, die von den Vereinigten Staaten mit einem Handelsembargo belegt wurden: Kuba, Iran, aber auch Sudan. Und weil diese Geschäfte in Dollar abgewickelt worden sind, fühlten sich die Amerikaner zuständig. Die Bank hat ihren Fehler eingestanden, nicht ganz freiwillig. Andernfalls wäre sie Gefahr gelaufen, in den USA ihre Banklizenz zu verlieren. BNP Paribas wird besagte 8,9 Milliarden Dollar zahlen.
Für viele ist die Geschichte damit erzählt. Nicht aber für die Belgier. Der belgische Staat ist mit einem Anteil von 10,3 Prozent der größte Aktionär von BNP Paribas. Das ist eine Folge der Bankenrettung von 2008-2009: Als BNP Paribas die angeschlagene Fortis-Bank nach dem Crash der Gruppe übernahm, war ein Teil des Deals die Beteiligung des belgischen Staates am Kapital der Großbank. Insofern geht es die Belgier durchaus etwas an, was BNP Paribas tut.
Es sind vor allem die beanstandeten Geschäfte mit dem Sudan, die hierzulande für Empörung sorgen. Besagte Transaktionen gehen auf die Zeit zwischen 2003 und 2008 zurück. Das war auch die Zeit des Völkermordes in der Krisenregion Darfour. Er sei geschockt, gab schon vor einigen Tagen der amtierende Staatssekretär für Betrugsbekämpfung, John Crombez, zu Protokoll. "Wenn man sich das vor Augen hält, wie die Bank ihre Machenschaften verschleiert hat. Die Tatsache, dass man wusste, dass es illegale Geschäfte waren. Und, dass man sogar noch nach Ausbruch der Finanzkrise weitergemacht hat, das ist schockierend" sagt der flämische Sozialist.
Interessenkonflikt
Crombez Botschaft: "Not in my Name", "nicht in meinem Namen". Der Punkt ist: Dadurch, dass der belgische Staat der größte Aktionär von BNP Paribas ist, müssen sich die Belgier diesen Schuh anziehen. Das ist das Problem, wenn ein Staat Aktionär einer Bank ist, sagt der bekannte Wirtschaftsprofessor Eric de Keuleneer von der Solvay Business School in der RTBF. Hier gebe es einen deutlichen Interessenkonflikt: Die Interessen der belgischen Bürger sind nicht notwendigerweise die Interessen einer Bank, geschweige denn die ihrer Aktionäre.
Der belgische Staat hätte ja auf die strategischen Entscheidungen der Bank Einfluss nehmen können, mag man sich sagen. Denn: Wer zehn Prozent am Kapital der Bank hält, der dürfte doch ein Wörtchen mitzureden haben.Der belgische Staat verfügt in der Tat über zwei Vertreter im BNP Paribas-Aufsichtsrat. Einer von ihnen, Emiel ven Broekhoven, brachte jetzt eine entscheidende Nuance an: "Belgien hat zwei Leute in den Verwaltungsrat entsandt, die werden aber als "unabhängige Aufsichtsratsmitglieder" geführt und sind dem belgischen Staat keine Rechenschaft schuldig", wird Emiel van Broekhoven zitiert. Belgien ist zwar der größte Aktionär der Bank, aber de facto ohne Einfluss. Einmal mehr erhärtet sich der Verdacht, dass die Franzosen seinerzeit die Belgier über den Tisch gezogen haben.
Das Fazit des SP.APolitikers John Crombez ist glasklar: "Entweder, man ist Anteilseigner und nimmt Einfluss, oder man steigt aus. Im vorliegenden Fall sollte man also besser aussteigen." Die flämischen Liberalen OpenVLD haben sich auch schon in diese Richtung ausgesprochen: Belgien sollte seine BNP Paribas-Anteile abstoßen. Da gibt es nur ein Problem: Ein Verkauf der Aktien wäre beim augenblicklichen Kurs ein Verlustgeschäft. Gekauft hat man, als die Anteile bei 58 Euro standen, im Moment sind es gut zehn Euro weniger. Das entspräche einem Gesamtverlust in Höhe von einer Milliarde Euro.
Der amtierende Finanzminister Koen Geens mahnt denn auch zur Besonnenheit. "Seit dem Einstieg des belgischen Staates bei BNP Paribas hat sich noch keine günstige Gelegenheit ergeben, um die Aktien gewinnbringend zu verkaufen. Und das muss doch letztlich das Ziel sein. Wir hoffen auf einen Kurs um die 65 Euro."
Und es gibt noch ein zweites Argument: BNP Paribas zahlt fürstliche Dividenden. "Der Staat kann in diesem Jahr über 180 Millionen Euro einsacken. Eine lukrative Anlage für die Staatskasse also", sagt auch der Wirtschaftsprofessor Eric de Keuleneer.
Finanzminister Geens hat jetzt doch den großen Boss von BNP Paribas, den Franzosen Jean-Laurent Bonnafé, um ein Treffen ersucht. Bei der Gelegenheit wolle Geens auch sein Befremden über die Art und die Schwere der Vergehen der Bank zum Ausdruck bringen.
Zehn Tage nach der Verhängung der Strafe kommt diese Reaktion allerdings reichlich spät, sind sich Beobachter einig; La Libre Belgique spricht von einem "späten Erwachen"...
Archivbild: Loic Venance (afp)