Es ist zum #&£$...!!! Aber mn sollte sich trotz allen Ärgers nicht zu Kraftausdrücken verleiten lassen. Traurig, wie eine politische Klasse es wieder einmal geschafft hat, in kürzester Zeit alle guten Vorsätze über Bord zu werfen, um den Karren dann fast schon mit Hingabe in den Teich zu setzen. Traurig, wie man es geradezu drauf angelegt hat, sich quasi alle Auswege nach und nach zu verbauen.
Angefangen hat alles mit dem Vorpreschen von PS und CDH. Keine zwei Wochen nach der Wahl geben Sozialisten und Zentrumshumanisten bekannt, dass sie auf regionaler Ebene in Namur und Brüssel eine Koalition bilden wollen.
Ist ihr gutes Recht, klar, der Punkt ist nur: Dieses Vorgehen folgt einer klassisch "konföderalen" Logik. Die Regionen kochen jeweils ihr eigenes Süppchen, verhalten sich in dem Sinne fast wie autonome Staaten. Und was auf föderaler Ebene geschieht, das regeln wir später.
Genau das war der Plan von Bart De Wever. Dem unterstellte man, dass er schnell die Regierung auf flämischer Ebene bilden wollte, um Fakten zu schaffen - mit dem Nebeneffekt, dass man dann die föderale Regierungsbildung getrost verrotten lassen konnte. Genau davon wollte man ihn abhalten. Und genau das haben am Ende die Frankophonen getan. Die Flamen jedenfalls ließen sich dann auch nicht mehr lange bitten: Wenige Tage später kündigten auch N-VA und CD&V an, in Flandern die Regierung bilden zu wollen.
Resultat von dem Ganzen: Die politische Lage hatte sich mit einem Mal in einen "Korb voller Knoten" verwandelt, wie der Frankophone sagt. Beispiele: Die MR würde zwar einer Dreierkoalition aus Christdemokraten, Sozialisten und Liberalen zustimmen, wenn man sie denn auch an der Koalition in Namur bzw. Brüssel beteiligt. In Flandern ist die Lage ähnlich: Die OpenVLD würde nur sich einer Koalition mit CD&V und N-VA anschließen, wenn die Liberalen auch auf flämischer Ebene an der Macht beteiligt würden. Und, nicht zu vergessen: Für die CDH war eine Mitte-Rechtskoalition schon allein deshalb schwierig, weil sich die Zentrumshumanisten auf regionaler Ebene schon an einer Mitte-Links-Koalition beteiligen.
Klingt kompliziert? Klingt nach einer in sich verzahnten teuflischen Höllenmaschine, bei der man nicht mehr an einem Rädchen drehen kann, ohne dass sich drei andere bewegen? Klingt nicht nur so, ist auch so! Nach dem Scheitern von Bart De Wever als Informator stehen jedenfalls auch die Chancen seines Nachfolgers Charles Michel eher schlecht. Beobachter nannten seine Mission schon einen "Kamikaze-Auftrag".
Und da kann man sich eigentlich nur fast schon bestürzt die Augen reiben. Nach der Wahl schien die Gefahr einer neuen Dauerblockade gebannt, das Wahlergebnis ließ ja doch eine ganze Reihe von Optionen zu. Innerhalb von nur vier Wochen haben es die Parteien also wieder geschafft, all diese Türen erstmal zuzuschlagen und aus einer eigentlich vergleichsweise entspannten Situation ein spannungsgeladenes Wirrwarr zu machen. "Respekt. Sauber hingekriegt", würde der Zyniker sagen.
Und diesmal sollten die Frankophonen gar nicht erst versuchen, den Flamen den Schwarzen Peter zuzuschanzen. Diesmal wurden die entscheidenden Fehler eindeutig auf frankophoner Seite gemacht. Eben indem man auf regionaler Ebene überstürzt Fakten geschaffen hat. Und warum haben die Parteien das gemacht? Weil sie Panik geschoben haben! Weil sie Angst hatten, danebengesetzt zu werden. Es ging allein um Machterhalt ... Und dieses Gefühl ist offensichtlich so stark, dass man dafür sogar eine neue Staatskrise in Kauf nimmt.
Hatte nicht ausgerechnet die PS im Wahlkampf damit geworben, dass sie es war, die das Land stabilisiert hat? Dass sie es war, die das Land aus der 541-Tage-Blockade befreit hat? Dass die PS nicht für Probleme, sondern für Lösungen steht? Pustekuchen! Von wegen "staatsmännisch". Wenn's um die eigenen Interessen geht, dann ist jeder eben doch sich selbst der nächste. Und dann verliert selbst ein Elio Di Rupo mit einem Mal auch die "übergeordneten Interessen des Staates" aus den Augen.
Staatsmännisches Verhalten, das findet man paradoxerweise genau bei dem, dem man das noch vor vier Wochen wohl nicht zugetraut hätte, bei Bart De Wever nämlich. Der gibt sich im Moment auffallend glatt gebügelt. Böse Zungen allerdings würden sagen, dass De Wever auch nur so lange "staatsmännisch" daher kommt, bis er auch genau da angelangt ist, wo er hinwill: an die Macht.
Was lernen wir daraus? Erstens: Auch wenn gerade mal keine neue Staatsreform in der Luft hängt, schafft es die Brüsseler Politik anscheinend nicht mehr, in aller Besonnenheit, die Staatsmänner ausmacht, schnell eine Regierung zu bilden. (Wenn man die Thesen des Separatisten in Bart De Wever hätte bestätigen wollen, man hätte es nicht besser anstellen können.)
Zweitens: Eben diese Gefahr einer neuen Dauerkrise untergräbt weiter das Vertrauen in die Politik. So sehr die Parteien im Vorfeld der Wahl über die wachsende Politikverdrossenheit lamentiert haben, so sehr befeuern sie jetzt wieder dieses Gefühl.
Und drittens: Jeder weiß, dass sich das Land eine neue Blockade nicht leisten kann. Und doch brettern die Parteien quasi mit Ansage wieder in die Sackgasse.
Kurz und knapp: Wer nach Staatsmännern sucht, der sollte sich anderswo umschauen...
Hauptsache 1:0 gewonnen... 😉
Zitat : Beobachter nannten seine Mission schon einen “Kamikaze-Auftrag”.
Sprachen manche Beobachter nicht eher von einer "Kamikaze-Koalition" (MR als einzige wallonische Partei mit 3 flämischen Parteien (N-VA, cd&v, VLD) = Kamikaze für die MR.
So habe ich das jedenfalls in den Inlandsmedien mitbekommen.