"We zitten in de patatten - Uns stehen die Kartoffeln bis zum Hals", diesen Spruch hat einst der SP.A-Altmeister Willy Claes geprägt, um klarzumachen, dass die Politik sich mal wieder in einem typisch belgischen innenpolitischen Matsch festgefahren hatte. Insofern kann man das Stück, das da gerade in Brüssel aufgeführt wird, durchaus "Die Rückkehr der Killer-Kartoffel" nennen.
Nach dem Nein der CDH zu einer Mitte-Rechts-Koalition ist die Lage ziemlich verfahren. "Mal wieder", könnte man sagen. Bart De Wever ist als Informator jedenfalls erstmal gescheitert. Und, weil er das auch wusste, hat er in aller Konsequenz seinen Sondierungsauftrag zurückgegeben.
Nun ist es ja nicht so, als wäre eine Mitte-Rechts-Koalition die einzig mögliche Option gewesen. Der Punkt ist nur: Die Parteien haben in kürzester Zeit dermaßen viel Porzellan zerdeppert, dass sich eine ganze Reihe von anderen Türen erstmal geschlossen haben. Das Problem liegt zu aller Erst in der Wahrnehmung der jüngsten Ereignisse, die je nach Seite der Sprachgrenze völlig anders bewertet werden.
Wir lassen uns nicht auf eine Koalition mit Bart De Wever ein, wenn der keine lupenreinen Garantien festschreibt, sagt die CDH. Konkret: Die CDH vermisste in der De Wever-Note ein klares Bekenntnis zur Sechsten Staatsreform. Klingt nach einer faulen Ausrede - die CDH wollte aber vorab sicher sein, dass De Wever sie nicht in eine Koalition lockt, die dann doch wieder Gemeinschaftspolitik macht.
Auf flämischer Seite hat das Nein der CDH allerdings eine veritable Schockwelle ausgelöst. Rick Torfs, Ex- CD&V-Senator, heute Rektor der Uni Leuven, brachte in der RTBF das flämische Grundgefühl auf den Punkt: In Flandern seien viele Menschen der Ansicht, dass das Land grundlegende Reformen brauche. Man wünsche sich ein modernes Belgien, ohne Klientelismus. Und man könne nur feststellen, dass man mit den Frankophonen darüber nicht reden kann.
Dieser "Wunsch nach einem Großreinemachen" dürfte wohl eine der tiefen Ursachen für den Wahlsieg der N-VA sein. Doch Vorsicht, sagt Rick Torfs, das Unverständnis angesichts der Entscheidung der CDH gehe weit über die Wählerschaft der N-VA hinaus. Viele Menschen verlören ihr Vertrauen in das innerbelgische Funktionieren.
Jetzt mal im Klartext: Spätestens, wenn Torfs das Wort "Klientelismus" in den Mund nimmt, ist klar, dass er da vor allem eine Partei vor Augen hat: die PS. Die PS gilt nicht erst seit Bart De Wever als Inbegriff der wallonischen Krankheiten. Deswegen habe De Wever auch so viel Wasser in seinen Wein geschüttet, sagt Torfs. Im Grunde sei eine Regierung ohne die PS in Flandern schon mehr als die halbe Miete.
Fazit: Die CDH, die ohnehin als Zweigstelle der PS durchgehe, habe mit ihrem Nein dafür gesorgt, dass viele Menschen in Flandern richtiggehend die Nase voll davon haben, dass –frei nach Gary Lineker- am Ende nicht Deutschland, aber eben die PS ohnehin das Spiel gewinnt. Die Situation jedenfalls sei verfahrener denn je, sagt Torfs. Die Frankophonen wollen die N-VA nicht, die Flamen wollen die PS nicht. Das nennt man wohl ein Patt.
Doch auch innerhalb des frankophonen Lagers hängt der Haussegen gehörig schief. "Offener Krieg zwischen MR und CDH", titelt die Zeitung La Libre Belgique. MR-Altmeister Louis Michel hat am Morgen in der RTBF seinem Ärger Luft gemacht und dabei schwere Vorwürfe gegen PS und CDH erhoben. Indem sie mit ihrer Koalition vorgeprescht seien, hätten sie das Land der Spaltung nur näher gebracht.
Foto: Jonas Roosens (belga)
Genau das bringt es meiner Ansicht nach auf den Punkt: Großreinemachen, grundlegende Reformen für das Land! Einen Schlußstrich ziehen unter die Rezepte und eingefahrenen Wege der Vergangenheit! Die meisten Flamen und Wallonen haben im Grunde wenig Probleme miteinander. Es scheint, das nur die von ihnen gewählten Vertreter sich wie kleine trotzige Kinder aufspielen. Da wird viel Vertrauen verspielt und Politikverdrossenheit produziert.
Was bilden sich die Parteien eigentlich ein, derart mit den Wählern und dem Schicksal Belgiens umzugehen? Vielleicht ist es an der Zeit für eine neue "belgische Revolution"!? Ich bin kein Freund von De Wever und der N-VA, bringe aber zunehmend mehr Verständnis für die Verärgerung und das Unverständnis vieler Flamen auf.
Offenbar fällt es der PS, wohl auch der CDH, sehr schwer, alte Zöpfe abzuschneiden und zur Abwechslung mal wieder gesamtbelgisch zu handeln. De Wever ist die Herausforderung und bringt das Land an seine Grenzen- aber vielleicht steckt ja da auch irgendwie eine Chance zur Veränderung und zur Verbesserung drin.
Herr Schallenberg, De Wever kündigt unverblümt an, dass er GEGEN Belgien ist, was soll das für eine Chance sein ? Schonmal darüber nachgedacht, wo die neuen vielen Stimmen herkommen ? Vom Vlaams Blok hauptsächlich. Schlechteres kann man einem Land nicht wünschen, es sei denn, man will es vernichten. Alles was bei einer De Wever Regierung zerstört wird, ist doppelt so schwer, wenn überhaupt möglich, wieder rückgängig zu machen. Waren die letzten beiden Jahre so schlecht ? es wurde mehr auf den Weg gebracht, als viele Jahre vorher, seit Verhofstadt nicht mehr