Ausgerechnet Delhaize - ein belgisches Traditionsunternehmen, das zu den Kronjuwelen der belgischen Wirtschaft gehört, das 1957 in Brüssel den ersten Supermarkt auf europäischem Boden eröffnete, das zeitweilig sogar eine ansehnliche internationale Expansion hingelegt hat, dem dabei aber immer auch der Heimatmarkt Belgien und das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter am Herzen lag.
Ausgerechnet Delhaize - ein fast schon urbelgisches Unternehmen, das beinahe so alt ist wie das Land selbst, das fast schon zu Belgien gehört wie Spekulatius oder Pralinen. Ausgerechnet Delhaize lässt mit einer ungeahnten Brutalität das Fallbeil über seine Mitarbeiter herunterkrachen.
Gerade, wenn es um Supermärkte geht, hat das Drama - im Gegensatz zu manch anderen sozialen Katastrophen - ein Gesicht. Im Eupener Raum sind es genauer gesagt 51 Gesichter. Gesichter, die jeder in der Umgebung kennt, nicht nur die eingefleischten Stammkunden. Gesichter von Menschen, die zum sozialen Gewebe eines Viertels, einer Stadt, einer Region irgendwie dazugehören. Und an deren verheulten, verzweifelten Mienen man jetzt die zynischen Abgründe des globalisierten Kapitalismus ablesen kann.
Grund allen Übels ist das, was der Fachmann die "Finanzialisierung der Volkswirtschaft" nennt. Auf Deutsch: den zunehmenden Einfluss der Finanzmärkte auf die Strategien der Unternehmen.
Das Problem von Delhaize ist seine Aktionärsstruktur. Die gleicht nämlich einem Flickenteppich. Große, historische Teilhaber, die gibt es nicht. Delhaize ist vielmehr - im französischen Sinne des Wortes - eine Société Anonyme, im Besitz einer namen- und gesichtslosen Börsenwolke. Gut ein Viertel der Anteile gehört anscheinend angelsächsischen Investment- oder Pensionsfonds. Und die interessieren sich allein für die Dividenden.
Resultat: Delhaize ist das, was der Vogel für die Katze ist - potentielle Beute. Entsprechend gejagt und getrieben ist das Management, allein darauf bedacht, die Aktionäre zufrieden zu stellen. Das geht solange gut, wie das Unternehmen Leute an seiner Spitze hat, die einen Plan haben, konsequent und selbstbewusst eine klare Marschrichtung verfolgen und dabei erfolgreich sind. Das Problem: Delhaize hatte solche Leute zuletzt nicht mehr.
International hat sich das Unternehmen nach seinem Achtungserfolg in den USA zuletzt gleich mehrmals ziemlich auf die Nase gelegt. Experimente in Deutschland und später auch in Osteuropa wurden irgendwann kleinlaut aufgegeben und begraben.
Parallel dazu agierte der bis vor einiger Zeit erfolgsverwöhnte, stolze Delhaize-Löwe auch auf seinem Heimatmarkt Belgien zunehmend kopflos. Man wollte Premium-Händler und Discounter sein, man setzte auf Masse und Klasse zugleich, konnte dabei aber nie das Image des "Reiche-Leute-Supermarkts" abschütteln. Nicht Fleisch, nicht Fisch.
Resultat: Die Aura des einst so kraftstrotzenden Musterunternehmens verblasste. Die Manager, die das zu verantworten haben, die sind längst ausgetauscht worden. Nein, sie gingen natürlich aus freien Stücken - allerdings nicht, ohne vorher noch insgesamt 19 Millionen an Abschiedsprämien eingesackt zu haben.
Und wer zahlt am Ende wieder die Zeche? 2.500 Mitarbeiter, denen man sagt, sie seien zu teuer. "Das ist nunmal das Gesetz des Marktes", reagieren da häufig die Propheten des Systems, die Börsenkurse für die einzig gültige Wahrheit halten. Man mag es bedauern, gar verteufeln, aber wegdiskutieren kann man den Einfluss der Finanzmärkte auf die Realwirtschaft leider nicht. Es gilt nunmal das Diktat der Zahlen und Bilanzen.
Der Punkt ist: Auf eben diese Zahlen und Bilanzen kann man Einfluss nehmen. "Man", das ist der Verbraucher - jeder von uns. Konkret: Wer Einkaufen mit einer fast schon neurotischen Schnäppchenjagd verwechselt, der befeuert die Abwärtsspirale. Der Preiskrieg fordert ständig neue Opfer. Vor vier Jahren hat Carrefour Märkte geschlossen und Menschen auf die Straße gesetzt. Jetzt trifft es 2.500 Delhaize-Mitarbeiter. Die Frage ist nicht ob, sondern wann der nächste Kahlschlag folgt.
"Geiz ist geil", der wohl unseligste aller Werbesprüche, immer nur "billiger, billiger, billiger", diese Haltung zieht uns auf Dauer allen den Boden unter den Füßen weg. So naiv es auch klingen mag: Je mehr Arbeitsplätze wegfallen oder in Billiglohnländer verlegt werden, desto weniger Menschen in Lohn und Brot und desto weniger Kunden. Ein Teufelskreis.
Dazu kommt, wenn man die "Geiz-ist-Geil-Logik" zu Ende denkt, dann traut sich bald keiner mehr, doch noch auf Qualität zu setzen - dann hat der Kunde im wahrsten Sinne des Wortes "keine Wahl mehr".
Der Verbraucher unterschätzt seine Macht. Auch er kann über sein Kaufverhalten Unternehmensstrategien beeinflussen. Und das hat nicht nur mit dem nötigen Kleingeld, sondern mit Prioritäten zu tun. Zum Vergleich: Früher gab der Belgier noch ein Viertel seines Geldes für Lebensmittel aus, rechnete die Zeitung De Morgen vor. Jetzt sind es gerade noch zwölf Prozent.
Den 2.500 Delhaize-Mitarbeitern wird all das leider nicht mehr helfen. Sie müssen jetzt um ihren Job bangen, weil ihre alten Chefs auf die falschen Pferde gewettet haben und ihre neuen Chefs internationale Finanziers, aber keine belgischen Unternehmer mehr sind.
Sonst hätten sie gewusst, dass "ausgerechnet Delhaize" mit einem solchen Schritt nicht nur seine Mitarbeiter verraten, sondern damit auch seine Seele verkaufen würde. Die besondere Beziehung zwischen Belgien und Delhaize: Das war einmal.
Exzellente Analyse, Herr Pint!
Dank u voor de analyse. Zo had ik het nog niet gezien. Daadwerkelijk we spenderen minder geld aan onze levensmiddelen.
Waar ik woon (regio Haacht-Keerbergen) zijn er de laatste 10-15 jaar Aldi, Colruyt bijgekomen.Naburige gemeente Boortmeerbeek ook een Aldi, Lidl en AD Delhaize. één Colruyt in Haacht, kleinere Colruyt in Keerbergen
Carrefour Market had een aanvraag gedaan om aan een druk kruispunt een voormalige Toyota garage te herbestemmen als supermarkt. Keerbergen : 12500 inwoners, (Groot) Haacht : 13500 inwoners.
De strijd is hard tussen de discounters.
Had Delhaize beter zich enkel op kwaliteit gericht en niet op Discounters prijzen ( produkten 365). Niet te groot willen worden maar jezelf blijven en gestaag groeien met de kwaliteit die ze hadden?