Ein Fernsehduell kam für ihn eigentlich nicht in Frage: Bart De Wever von der N-VA wollte wochenlang nicht mit dem anderen starken Mann in Flandern, mit Ministerpräsident Kris Peeters von der CD&V in den Ring steigen. Der Grund: De Wever sieht Peeters nicht als Kontrahenten an, sondern als Partner. Er ist sein Wunschkandidat für eine Koalition nach der Wahl. Doch am Sonntag kam es unerwartet zu dem lang erwarteten Rededuell im flämischen Fernsehen.
Die Geschichte nimmt am Samstagmorgen ihren Lauf. In einem Interview mit der Zeitung Het Nieuwsblad erklärt der Fraktionssprecher der N-VA in der Kammer, Jan Jambon: „Erst das Haus verkaufen, dann erst Sozialhilfe“.
Im Laufe des Vormittags organisieren die Nationalisten in aller Eile eine Pressekonferenz. Parteichef Bart De Wever pfeift seinen Spitzenpolitiker Jambon zurück. Die Christdemokraten erkennen die Gelegenheit, die N-VA als asozial darzustellen, zögern nicht lange und hauen ein neues Wahlplakat raus. Mit der Aufschrift: „Ich bin 55, habe keinen Job und nach Ansicht der N-VA muss ich erst mein Haus verkaufen bevor ich Unterstützung vom Staat bekommen darf.“ Dieses Plakat hat den Stein ins Rollen gebracht.
Bart De Wever, der eigentlich kein Rededuell mit Kris Peeters eingehen wollte, sagt plötzlich doch zu. Mittags sind die beiden im VRT-Fernsehen zu sehen, am Abend beim Privatsender VTM.
Ist das jetzt ihr neuer Stil im Wahlkampf, fragt De Wever mit dem Wahlplakat der CD&V in der Hand. Alles, was darauf stehe, stimme nicht. Die eigenen vier Wände blieben unangetastet.
Auch über andere Themen streiten die beiden Spitzenpolitiker. Genau das wollte De Wever eigentlich vermeiden. Sein Ziel: Nach der Wahl so schnell wie möglich ein Mitte-Rechts-Bündnis bilden - am liebsten eben mit der CD&V von Peeters. Doch in Sachen Regierungsbildung herrscht ebenfalls Uneinigkeit. Die N-VA will zuerst eine flämische Regierung bilden und erst danach die Verhandlungen auf föderaler Ebene starten. Nicht möglich, sagt Kris Peeters. Das Chaos sei bereits vorprogrammiert und die Zinssätze für belgische Staatsanleihen würden wieder in die Höhe schnellen.
Peeters befürchtet eine Blockade wie 2010. Denn es müssten ja auch alle anderen Regional- und Gemeinschaftsregierungen gebildet sein, bevor es auf föderaler Ebene losgehen könne. Die Gespräche müssten deshalb parallel verlaufen, sagt der flämische Ministerpräsident. So oder ähnlich drücken sich derzeit fast alle Parteien aus. Ob die N-VA ihre Methodik durchsetzen kann, hängt von ihrem Wahlergebnis ab. Bislang steht sie jedenfalls ziemlich isoliert da.
Bild: Dirk Waem (belga)