Wenn man in eine belgische Praline beißt, dann "knackt" es. "Das bekommt längst nicht jeder Chocolatier so hin", sagt Thierry Noesen von der Königlichen Belgischen Vereinigung der Schokoladenindustrie "Choprabisco".
"Belgische Schokolade" ist mehr als nur eine Worthülse, erklärt Noesen. Diese Bezeichnung stehe für eine 150 Jahre alte Tradition - 150 Jahre, in denen die belgischen Chocolatiers ihre Fäuhigkeiten, Techniken und Produkte perfektioniert haben.
Doch ist die "Belgische Schokolade" bedroht. Nicht, weil die Belgier über Nacht ihr Handwerk verlernt hätten, sondern weil ihnen andere reinpfuschen. Ein Hersteller in China könne durchaus zehn Prozent belgische Kakao-Masse unter sein Produkt rühren und das Ganze dann "belgische Schokolade" nennen, beklagt Noesen. "Es gibt keine klare Definition, die besagt, was die belgische Schokolade ausmacht." Deswegen will der Verband sie schützen lassen.
Im Werkzeugkasten der EU gibt es da inzwischen ein mögliches Hilfsmittel: das wäre die IGP, die "geschützte geografische Angabe". Wie der Name schon sagt: Belgische Schokolade müsste demnach "aus Belgien kommen". So einfach, wie es klingt, ist es aber nicht. Angefangen beim Offensichtlichen: Kakao-Bohnen wachsen nunmal nicht in Belgien. Die "geschützte geografische Angabe" würde sich demnach auf die Weiterverarbeitung beziehen. Rein rechtlich gesehen ist das schon ein Gebiet, auf dem man tausende Haare spalten kann.
Anderes, ebenso haariges Problem: Wie geht man um mit Herstellern wie dem belgischen Chocolatier Godiva, der zwar seinen Stammsitz in Belgien hat, aber dennoch im US-Bundestaat Pennsylvania "belgische Schokolade" herstellt? Und der, ganz nebenbei gesagt, zu einer türkischen Gruppe gehört?
Es ist denn auch so, dass sich die Branche erst einmal unter sich einigen muss, welche Kriterien man anlegen will, um "belgische Schokolade" zu definieren. Für Thierry Noesen von der Choprabisco ist klar: Abgesehen von den Rohstoffen muss das Produkt in Belgien hergestellt sein. Daneben seien auch noch andere Qualitätsmerkmale denkbar. Zum Beispiel, dass Schokolade - neben der Kakaobohne - keine anderen pflanzlichen Fette enthalten dürfe.
Aber innerhalb des Verbandes herrscht längst nicht in allen Punkten Einigkeit. Und das wäre das auch erst die erste Etappe. Im Anschluss muss das Dossier den drei Regionen unterbreitet werden - und erst, wenn es einen gemeinsamen, belgischen Standpunkt gibt, kann man in die Verhandlungen mit der EU gehen.
Bis die "belgische Schokolade" wirklich geschützt ist, dauert es noch mindestens zwei Jahre, sagt Noesen. Aber ist das nicht einfach nur eine protektionistische Einstellung? "Nein - wir wollen einfach nur verhindern, dass man unseren guten Namen ruiniert."
Bild: Olivier Vin (belga)
Wieder mal ein sehr guter Beitrag von Herrn Pint. Ich gratuliere! Dennoch wäre es m.E. mindestens genau so interessiert zu recherchieren, weshalb die bisherigen Bemühungen in Belgien für eine "geschützte geografische Angabe" zugunsten der Belgischen Schokolade im Sande verlaufen sind. Ich erinnere mich nämlich noch sehr gut daran, dass bereits vor Jahren noch bevor es den Dachverband Choprabisco gab, es schon Bemühungen gab, unsere Schokolade schützen zu lassen. Die Kriterien waren damals schon bekannt. Weshalb muss das in Belgien immer alles so lange dauern? Mal gespannt, ob wir in 10 Jahren nicht genauso so weit sind wie heute...
Ich erlaube mir anzumerken, dass Herr Pint wohl der einzige beim BRF ist, der gelegentlich journalistische Beiträge bringt, die nicht nur auf copy&paste beruhen.