Barack Obama: Ein Mann der Worte. Der großen Worte. Der starken Worte. Barack Obama, der Präsident einer Nation, die großen Wert auf die Kraft der Symbole legt. Die aber vor allem in den letzten Jahren auch immer wieder dazu imstande war, mit teilweise atemberaubendem Zynismus ihre eigenen Grundwerte in Grund und Boden zu rammen.
Barack Obama, der ja einen Teil seiner Jugend in Asien verbracht hat, hinterlässt nach seinem Kurzbesuch eine süß-saure Duftnote. Barack Obama, der Charmeur. Entwaffnend fast schon, wie nonchalant in die europäische Hauptstadt kommt und die Europäer als die "engsten Verbündeten der USA" preist, nachdem er sie fünf Jahre lang -wie eine verschmähte Braut- hat zappeln lassen.
Nachdem er stattdessen Asien schöne Augen gemacht hat. Nachdem er immer wieder den Eindruck vermittelt hat, das zerstrittene und krisengeschüttelte Europa gehe ihm bestenfalls auf die Nerven. Was die Amerikaner freilich nicht daran gehindert hat, die Telefone und Computer besagter Nervensägen anzuzapfen.
Ernüchternd fast schon, wie schnell die Europäer ihm all das verziehen zu haben scheinen, um ihm stattdessen zuzujubeln wie einem Rockstar. Die Magie des Barack Obama, die in seiner Heimat längst der nüchternen Realpolitik gewichen ist, in "good old Europe" funktioniert sie noch wie am ersten Tag. Das selbst bei den Spitzenverantwortlichen, bei denen man den Eindruck haben muss, dass sie zehn Zentimeter größer werden, wenn sie ein Lob von ansonsten manchmal ach so distanzierten "Onkel Sam" bekommen.
Barack Obama, der kühle Opportunist. Dass er den Europäern gerade jetzt seine Liebeserklärung unterbreitet, das ist natürlich kein Zufall. Dass Europa plötzlich aus der Besenkammer heraus wieder zum "Eckstein des globalen Engagements der USA" avanciert ist, muss daran liegen, dass man in Washington mit den eigenen Grenzen konfrontiert worden ist. Je rauer der Wind in Asien wird, desto mehr scheint man sich an die muffige "Alte Welt" zu erinnern.
Doch letztlich ist es natürlich der Erbfeind Russland, der den globalen Fokus wieder auf Europa gelenkt hat. Zyniker würden sagen, dass die EU für die USA nur deshalb den Status des "Ecksteins" zurückerlangt hat, weil sie zufällig auf demselben Kontinent liegt wie die Ukraine.
Barack Obama, der Amerikaner eben. Die USA, eine Nation, die ihr Handeln seit dem Zweiten Weltkrieg immer in den "globalen" Kontext einbettet und sich entsprechend ausrichtet. Und eine Nation, die nicht umsonst als Heimat des Kapitalismus gilt. Wenn man Russland in die Schranken verweisen und zugleich den Europäern noch Gas verkaufen kann, dann sind das schließlich zwei Fliegen mit einer Klappe.
Doch es gibt auch Barack Obama, den Propheten. Den Mann, der wie kein zweiter bislang den Europäern noch einmal in Erinnerung gerufen hat, auf welchen Werten das Nachkriegseuropa fußt.
"Ausgerechnet die Amis!", könnte man da entgegenhalten. Ausgerechnet die USA, die mit ihren Werten häufiger Mal sehr kreativ umgehen, nach dem Motto: "Was nicht passt, wird passend gemacht". Das selbst ernannte "Mutterland der freiheitlichen und demokratischen Werte und Grundrechte", das nicht zögert, eben diese Prinzipien zu Gunsten der Illusion von Sicherheit über Bord zu werfen. Das Land, das souveräne Staaten völkerrechtswidrig angegriffen, das feindliche Kämpfer gefoltert oder im rechtsfreien Raum weggesperrt, das die Bürger, Unternehmen und Politiker verbündeter Nationen ausspäht hat.
Nein, dieses Amerika taugt eigentlich nicht zum Moral-Apostel, eigentlich. Bis man die Worte von Barack Obama hört. Dieses feurige Bekenntnis zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Dieses flammende Plädoyer für Frieden und Freiheit. Diesen glühenden Appell zu mehr Toleranz und Völkerverständigung. Diese eindrucksvolle Ode an Menschlichkeit und Menschenwürde.
Dass Obama bei all dem in erster Linie Russland vor Augen hatte, sollte man weniger als Renaissance des Blockdenkens werten, sondern als Illustration. Denn nicht nur Russland scheint in alte Verhaltensmuster zurück zu verfallen, die Zeit zurückdrehen zu wollen. Auch Europa beginnt wieder den Sirenengesängen der Vergangenheit zu verfallen. Populisten und Nationalisten sind auf dem Vormarsch.
Weil die Europäische Union, was auch teilweise selbst verschuldet ist, ihre Aura verloren hat, glauben immer mehr Menschen wieder an die Mär, dass die Einigelung der Weisheit letzter Schluss ist. Und auch innerhalb der Gesellschaften stehen die Zeichen eher auf Konfrontation denn auf Integration.
Und da ist es gut, wenn uns einer unsere Geschichte vor Augen hält. Wenn uns einer daran erinnert, dass unsere jetzige Welt erst aus den Trümmern der alten entstehen musste, dass es Frieden und Freiheit nicht umsonst gibt.
Und sei es drum, dass dieser Mahner eben US-Präsident ist und Barack Obama heißt. Ob und in wieweit der im Glashaus sitzt, wenn er freiheitliche Werte predigt, ist unerheblich. Europa wäre jedenfalls gut beraten, seine Botschaft auch auf sich zu beziehen. Und wenn's nur ist nach dem Motto: "Macht was ich sage und nicht was ich tue".
Bild: brf
Eigentlich zu schade das dieser Beitrag nur regional gedruckt wird. Er verdient es den "Großen" zu zeigen wie wichtig besonnener Journalismus auch in einer "getwitterten Welt" für ein Überrdenken von gemachter Meinungsmache sein kann.
Ja, was wäre der BRF ohne die Kommentare von Roger Pint ?
Aber, es ist eben nicht unerheblich, dass hier jemand Werte predigt, denen er selbst nicht nacheifern kann oder will.
Es gibt zuviele Politiker, die Sonntagsreden halten und ihre Rhetorik nur zur Pflege des eigenen Ego missbrauchen. Ich bin von Obama maßlos enttäuscht. Denn selten hat ein amerikanischer Präsident solche Hoffnungen und Erwartungen geweckt und verbal befeuert und so wenig bewirkt bzw. bewirken können. Im Gegenteil ! Die uramerikanischen Werte von Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit wurden seit 9/11 tatsächlich unter dem Vorwand ihrer Verteidigung in einem Maße mit Füßen getreten, was nicht nur zynisch sondern auch entlarvend ist. Den Amerikanern geht es nämlich nicht um Werte sondern um die Wahrung machtstrategischer, ökonomischer und geopolitischer Interessen. Und dies, koste es was es wolle: Rechtstaatlichkeit, Freiheit und Demokratie. Welch ein Verschwendung.
Herr Pint, können Sie auch eine Stellungnahme zu dieser Aussage Obamas geben.
Obama sagte: "... und der Kosovo verlies Serbien nur nach dem ein Referendum organisiert wurde, nicht ausserhalb der Grenzen des Internationalen Rechts, sondern in vorsichtiger Kooperation mit den Vereinten Nationen und mit den Nachbarn des Kosovo."
Die Westliche Presse und Sie Herr Pint, unterstützen scheinbar diese Aussage (auch wenn es eine Lüge ist)!