Bis zu den Wahlen am 25. Mai sind es noch genau 62 Tag. 62 Tage, an denen die Parteien alles versuchen werden, um die Wähler zu überzeugen. Die heiße Wahlkampfphase ist am Sonntag eingeläutet worden, es ist sogar vom „Super Sunday“ die Rede - mit gleich fünf Parteitagen. PS, MR, Ecolo, PTB und Vlaams Belang haben ihre Schwerpunkte vorgestellt. Elio Di Rupo ist jetzt nicht mehr nur Premierminister, sondern vor allem Kandidat für die eigenen Nachfolge.
PS
Tosender Applaus bei der PS als Elio Di Rupo den Saal im Brüsseler Flagey-Gebäude betritt. 2.000 Anhänger der sozialistischen Partei sind versammelt und stimmen nach guter alter Tradition die Internationale an.
Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt vor knapp zweieinhalb Jahren singt auch Di Rupo wieder mit. Er ist jetzt nicht mehr nur Regierungschef, sondern vor allem Kandidat für die eigene Nachfolger, sozusagen oberster Wahlkämpfer der PS.
"Ich werde die Regierungsarbeit der Koalition verteidigen und bis zur Wahl Premierminister bleiben, aber ich werde jetzt auch die Ideen und Vorschläge meiner Partei hervorheben", sagt Di Rupo.
Die PS will als Schutzwall auftreten gegen den Nationalismus und gegen den Ultraliberalismus, gemeint sind N-VA und MR. Die PS will das belgische Sozialmodell beschützen. Nach ihren Plänen sollen kleine und mittlere Einkommen um bis zu 120 Euro im Monat steigen. Die automatische Lohnindexbindung soll zudem bestehen bleiben.
Mit der PS werde es keine Erhöhung der Mehrwertsteuer geben, sagt der Vorsitzende Paul Magnette. Außerdem werde es keine Geschenke für die Reichen geben, die zu Lasten der Arbeiter gehen.
MR
Aufgeheizte Stimmung auch bei der MR in Charleroi. Die französischsprachigen Liberalen hatten sich ausgerechnet eine sozialistische Hochburg ausgesucht, um ihren Mitgliederkongress abzuhalten. Hauptthema bei der MR ist die Steuerreform. Die Partei schlägt die Senkung der Lohnkosten vor, auch für die Bürger müssten die Steuern sinken.
So will die MR eine Steuerbefreiung für die ersten 13.000 Euro, die man im Jahr verdient. Auch die Unternehmenssteuer für kleine und mittelständische Betriebe müsse sinken, sagt MR-Präsident Charles Michel. Die Arbeiter und die Mittelklasse dürften nicht der Geldautomat des Staates sein, warnt er.
Außenminister Didier Reynders stellte klar: Die Steuersenkungen dürfe nicht nur Menschen betreffen, die kleine Einkommen haben, sondern ebenfalls die Mittelschicht. Mit 2.000 Euro netto im Monat, sei man kein Großverdiener, sagt Reynders - auch wenn das andere Parteien behaupten. Reynders nannte die Sozialisten veraltet und Urkonservativ. Gérard Deprez von der MR träumt sogar von einer besseren Welt, ganz ohne PS und N-VA.
Ecolo
Die Grünen von Ecolo haben ihren Parteitag in einem Hörsaal in der Uni-Stadt Neu-Löwen abgehalten und dabei auch ihren Slogan für die Wahl vorgestellt. „Votez avec votre temps“ - „Wählen Sie zeitgemäß“. Die Grünen kritisierten die Arbeit der Regierung Di Rupo, die nur mit dem Sanieren der Staatsfinanzen beschäftigt gewesen sei. Statt Arbeitslosenunterstützung würden viele jetzt Sozialhilfe beantragen müssen. Umweltfragen gehörten in den Mittelpunkt jeder Überlegung, sagt die Ecolo-Co-Vorsitzende Emilie Hoyos.
Die Engländer hätten drei Monate lang Überschwemmungen gehabt, das werde die britische Wirtschaft einiges kosten. Die Unternehmen machen hier dicht und ziehen nach China, wo sie unter fragwürdigen Umständen produzieren. Wer die Umweltfrage löst, sorge gleichzeitig für eine starke heimische Wirtschaft, sagt Hoyos.
PTB
Auch die linksextreme Arbeiterpartei PTB hat ihren Kongress abgehalten - in Herstal bei Lüttich. Ihre Pläne: Frührente mit 55 Jahren, keine Fiktivzinsen mehr für Unternehmen und eine Reichensteuer.
Jeder, der mehr als eine Million Euro verdient, müsse einem zusätzlichen Prozent an den Staat abdrücken, sagt Raoul Hedebouw von der PTB. Es gebe genug Reichtum in Belgien. Die Arbeiter hätten schon genug bezahlt.
Vlaams Belang
Letzter Parteikongress am Sonntag beim rechtsextremen Vlaams Belang in Antwerpen. Im Mittelpunkt hier: die Forderung nach einem Einwanderungsstopp. Der Niederländer Geert Wilders sollte eigentlich kommen. Doch wegen seiner umstrittenen Anti-Marokkaner-Aussagen konnte seine Sicherheit nicht gewährleistet werden. Vlaams Belang-Spitzenkandidat Filip Dewinter übernahm den Part dann kurzerhand selbst und forderte, dass man die Schleusen nach Europa schließt, dass die Grenzen dicht gemacht werden.
Bilder: Nicolas Maeterlinck / Virginie Lefour / Bruno Fahy (belga)