Es ist eine Geschichte, die die Regierungskoalition in Brüssel quasi in letzter Sekunde noch einmal ins Wanken bringt. "Ich bin seit 1995 im Parlament, aber so etwas habe ich noch nie gesehen", sagte ein sichtlich wütender CD&V-Vizepremierminister Pieter De Crem.
Im Parlament wird ja seit einigen Wochen an einer Neuregelung der Vergabe der Familiennamen gedoktert. Den Anstoß zu der Debatte hatte die Regierung gegeben. Man wollte die entsprechende belgische Gesetzgebung der Rechtspraxis in vielen anderen Ländern anpassen.
Künftig soll ein Kind entweder den Familiennamen des Vater, den der Mutter oder beide bekommen - Müller oder Schmitz oder Schmitz-Müller oder Müller-Schmitz - nicht automatisch den Familiennamen des Vaters. "Hier handelt es sich um eine Möglichkeit", betont Justizministerin Annemie Turtelboom. "Eine Möglichkeit, keine Pflicht. Wer will, der macht weiter wie bisher."
Nur in einem Fall hatte man noch nicht entschieden: Wie geht man vor, wenn die Eltern sich nicht einig sind? Um diese Frage zu klären, war kurzfristig der zuständige Ausschuss einberufen worden. Und da zeigte sich schnell, dass die Fronten verhärtet waren. Man warf sich streckenweise gar Nettigkeiten an den Kopf.
In dem Fall, wo sich die Eltern uneins sind, wollen Sozialisten und Liberale, dass das alte System greift: Das Kind bekommt den Familiennamen des Vaters. Die anderen Parteien, auch die christdemokratischen Koalitionspartner, wollen in dem Fall den Doppelnamen.
Pause
Die Sitzung wird unterbrochen. Raf Terwingen, der Fraktionschef der christdemokratischen CD&V, geht vor die Tür und telefoniert. Er will sich noch einmal mit den Verantwortungsträgern seiner Partei, Parteichef Wouter Beke und Vizepremier Pieter De Crem, kurzschließen. Terwingen braucht etwas länger. Als er den Sitzungssaal wieder betritt, fällt er aus allen Wolken: Das Gesetz ist verabschiedet, man hat nicht auf ihn gewartet.
Die Abstimmung ging acht gegen sieben bei einer Enthaltung aus. Wäre Terwingen anwesend gewesen, dann war es acht gegen acht - dann wäre das Gesetz hängengeblieben. Unverschämtheit, wetterte Terwingen daraufhin. Brutal, nannte auch der Parteifreund und Vizepremier Pieter De Crem das Vorgehen. Man hätte doch zumindest den Anstand haben müssen, zu warten, bis wieder alle im Saal sind.
Der liberale Vizepremier Alexander De Croo kontert: Man dürfe doch davon ausgehen, dass ein Ausschussmitglied, das physisch anwesend ist, auch mental im Saal ist. "Und wer den entscheidenden Moment verpasst, der hat eben Pech gehabt", sagt sinngemäß ein breit grinsender De Croo.
Sozialisten und Liberale haben sich also durchgesetzt: Bei Uneinigkeit der Eltern bekommt das Kind den Namen des Vaters. Die Grünen von Ecolo konnten das nur bedauern. Der ursprüngliche Esprit des Gesetzes sei in die Tonne gekloppt worden, sagt Muriel Gerkens . Jetzt reiche es also, dass sich die Eltern nicht einig sind, um weiter zu machen wie bisher.
Justizministerin Turtelboom, die für die Regierung das Dossier getragen hat, findet es ihrerseits schade, dass es am Ende so ein Theater geben musste. Das Gesetz betreffe so viele Menschen - und da sei es doch unglücklich, dass es am Ende in eine Posse ausgeartet ist. Das ändere aber nichts daran, dass das Gesetz wichtig sei.
Bild: Eric Lalmand/BELGA
Tolle Änderung, warum Doppelnamen einführen, denkt auch mal jemand an die nächste Generation. Da heißt dann das Kind von Frau Meier-Müller(sie hat ja den Namen des Vaters und der Mutter) und Herrn Schröder-Schmitz(auch seine Eltern wollten den Doppelnamen) Michael Meier-Müller-Schröder-Schmitz. Die Entscheidung, ob der Name des Vaters oder der Mutter eingetragen werden kann ist ja ok, aber dabei sollte es dann auch bitte bleiben.
@Frau Klappert: Mal davon ausgehend, dass hier das seit Jahrzehnten in Spanien praktizierte System Pate gestanden hat, bei dem das Neugeborene den ERSTEN Namen des Vaters und den ERSTEN Namen der Mutter erhält, würde bei Ihrem Beispiel das Kind den Namen Meier-Schröder tragen. Es wird also nicht von Generation zu Generation unübersichtlicher.