Droht Belgien ein neues Fyra-Debakel? Das fragen sich am Freitag einige Zeitungen. Fyra, das war der Hochgeschwindigkeitszug, der Antwerpen und Amsterdam verbinden sollte, der aber durch die abenteuerlichsten Pannen immer wieder außer Gefecht gesetzt wurde. Die SNCB hat den Vertrag mit der Herstellerfirma inzwischen einseitig gebrochen. Nach den Fyra-Zügen könnten jetzt Hubschrauber den zuständigen Verantwortlichen Kopfschmerzen bereiten. Die Armee bekommt bald neue Helikopter, die unter anderem für Rettungsaktionen auf Hoher See bestimmt sind. Das Problem: Anscheinend vertragen die Maschinen das salzige Meerwasser nicht. Sie... rosten...
Meerwasser und Korrosion, das verhält sich wie der Donner zum Blitz oder das Amen in der Kirche: Das eine bringt das andere mit sich. Umso überraschender die Aufmachergeschichte der Zeitung De Morgen: "Die Nachfolger der Sea-King-Hubschrauber vertragen kein Meerwasser".
Auch Niederländer und Franzosen haben NH-90 bestellt
Der Sea-King, das ist der See-Rettungs-Hubschrauber par Excellence. Nur sind die belgischen Maschinen in die Jahre gekommen und müssen ersetzt werden. Die belgischen Luftstreitkräfte haben sich, im Zusammenspiel mit unter anderem den niederländischen Kollegen, für den NH-90 entschieden. Und noch bis vor Kurzem lobte Verteidigungsminister Pieter De Crem den Helikopter in höchsten Tönen. Der NH-90 entspreche allen NATO-Standards, die Hubschrauber seien einsetzbar von den belgischen Fregatten aus, und -allen voran mit den Niederländern- seien Austausch und Zusammenarbeit perfekt möglich.
Die Holländer haben ihre neuen NH-90 inzwischen bekommen. Doch ist die Freude über die Neuanschaffung schnell in Frust umgeschlagen. Nach einer Reihe von Einsätzen in der Karibik und am Horn von Afrika musste man eine ernüchternde Bilanz ziehen. Nicht nur, dass es da noch eine ganze Reihe von Kinderkrankheiten zu beklagen gibt; die Helis rosten... Die Maschinen seien außergewöhnlich anfällig für Korrosion, hört man auch schon aus Frankreich, wo ebenfalls die neuen NH-90 eingesetzt werden.
De Morgen zitiert denn schon einen ungenannten Armeeangehörigen mit den Worten: "Die Aussicht, schon bald in verrosteten Hubschraubern zu sitzen, sei nicht gerade beruhigend", sagt der Mann. Naja, mal abwarten, beschwichtigte aber Verteidigungsminister Pieter De Crem am Morgen in der VRT. Die belgischen Hubschrauber werden später geliefert, als die niederländischen. Ein späteres Lieferdatum, damit ist natürlich die Hoffnung verbunden, dass die Kinderkrankheiten bis dahin ausgemerzt sind.
Dennoch beeilt sich Pieter De Crem anzumerken, dass er das Dossier quasi geerbt habe. Die Entscheidung für diesen Hubschraubertyp habe die Regierung Verhofstadt II getroffen, bestehend allein aus Liberalen und Sozialisten.
Über mögliche Mängel sei ihm aber bislang nichts bekannt, betont De Crem. Der Hubschrauber sei abgenommen, getestet und für vertragskonform befunden worden. Er gehe also davon aus, dass das jetzt auch für die Maschinen gelten werde, die in Kürze geliefert werden.
Und sollte die Qualität nicht stimmen, sollten wirklich die Probleme auftreten, von denen die Kollegen aus Holland und Frankreich berichten, nun, dann gebe es immer noch den Vertrag, sagt der Verteidigungsminister. Der sehe unter anderem eine neue Abnahme und neue Testflüge vor. Für den Fall, dass die Maschinen den Anforderungen nicht entsprechen sollten, sehe der Vertrag auch eine Reihe von Klauseln vor.
Dieselbe Holding wie Ansaldo-Breda
De Crems niederländische Kollegin, Verteidigungsministerin Jeanine Hennis, nannte das Hubschrauber-Problem dennoch bereits ein "Kopfschmerzdossier"... Pikant ist dabei, dass es da eine fast schon beängstigende Parallele zum Pannenzug FYRA gibt. Das Unternehmen Ansaldo-Breda, das den FYRA herstellt, und die Firma NH-Industries, die den NH-90 ausliefert, gehören zu ein und derselben Holding, zur italienischen Finmeccanica nämlich.
De Crems Reaktion ist so einleuchtend, wie der Zusammenhang zwischen Meerwasser und Rost: Züge fahren auf Schienen, Hubschrauber fliegen durch die Luft. Er sei aber gewarnt und werde wachsam sein, sagt De Crem. In jedem Fall habe man die neuen Hubschrauber nötig.
Die altbewährten Seaking sind in der Tat in die Jahre gekommen; sie sind Baujahr 1976; fast 40 Jahre alt; und durchgerostet ist offenbar keiner. Naja, vielleicht war ja damals noch kein Salz im Meerwasser...
Bild: Gerard Gaudin (belga)