Alle Welt blickt nach wie vor mit Besorgnis auf die Ukraine. Am Dienstag hat sich der russische Präsident Wladimir Putin erstmals öffentlich zu den Ereignissen geäußert. Zwar bestritt Putin eine russische Invasion auf der Krim-Halbinsel, zugleich zeigte er sich aber dem Westen gegenüber gesprächsbereit.
Putin warnte aber vor der Verhängung von Sanktionen. Am Montag hatten die EU-Außenminister diese Option in den Raum gestellt. Jetzt hat auch die Regierungsspitze in Brüssel über die Lage in der Ukraine beraten.
"Zwar haben wir bislang immer noch keine positiven Entwicklungen in der Ukraine gesehen", sagt Außenminister Didier Reynders, "aber die diplomatischen Mühlen mahlen auf Hochtouren".
Europa baut in erster Linie weiter auf Dialog - auf allen Ebenen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zum Beispiel ist nach Madrid gereist, um dort den russischen Außenminister Sergej Lawrow zu treffen. Ashton will danach nach Kiew weiterreisen. Am Montag wird auch Außenminister Didier Reynders dorthin reisen, um mit der neuen ukrainischen Führung zu sprechen.
Vorher, am Donnerstag, werden aber zunächst die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zu einem Krisengipfel zusammenkommen. Dann wird wohl möglicherweise die Entscheidung fallen, ob die EU einen Gang höher schaltet. Die EU-Außenminister haben jedenfalls die Option in den Raum gestellt, gegebenenfalls Strafmaßnahmen gegen Moskau zu verhängen. Dies erklärte auch die EU-Außenbeauftrage Catherine Ashton nach Abschluss des Krisentreffens der Außenamtschefs.
Für den Fall, dass Russland nicht dazu beitragen wolle, die Eskalation zu stoppen, werde die EU über Konsequenzen nachdenken, sagte Ashton. Konsequenzen in Bezug auf die Beziehungen zwischen der EU und Russland. Möglich wäre etwa, laufende Verhandlungen auf Eis zu legen, etwa die Gespräche über Visa-Erleichterungen für Russen bei der Einreise in die EU. Auch andere gezielte Strafmaßnahmen seien denkbar.
Vielleicht Gespräche auf Eis legen, Verhandlungen über Visa-Erleichterungen - das wäre jedenfalls nicht nichts, machte Premierminister Elio Di Rupo klar. Für Russland habe das Thema Visa-Erleichterungen oberste Priorität. Auch die Möglichkeit, eventuell die Besitztümer von Russen in der EU einzufrieren, würde seine Wirkung nicht verfehlen. Hier könnte man also durchaus wunde Punkte treffen.
Auch der CD&V-Föderalminister Hendrik Bogaerd ist der Ansicht, dass man die russischen Wirtschaftsinteressen vor Augen haben sollte. Schon jetzt seien die Moskauer Börse und auch der Rubel auf Talfahrt gegangen. Hier könne man notfalls den Hebel ansetzen.
Doch so weit sind wir noch nicht, betonen alle Regierungsvertreter im Chor. Wenn die EU einmal dazu übergehe, Strafmaßnahmen zu verhängen, dann trete man in eine neue Phase ein, warnt Premier Di Rupo: "Wir alle hoffen, dass Sanktionen nicht nötig sein werden und dass sich die Lage entspannt."
Statt "Sanktionen" und "Strafmaßnahmen" lauten die Zauberwörter im Moment vielmehr "Dialog" und "Diplomatie". "Wir, die Europäer, wollen alles versuchen, um eine friedliche Lösung herbeizuführen", sagt Di Rupo. Aber: wir sind auch nicht naiv, betont er. Das russische Vorgehen auf der Krim sei unannehmbar. Er könne sich dem US-Präsidenten Obama nur anschließen: Ja, der russische Präsident Putin befinde sich auf der falschen Seite der Geschichte.
Der SP.A-Vizepremier Johan Vande Lanotte warnt seinerseits vor Schwarz-Weiß-Denken. Soldaten zu schicken ist bestimmt ein völkerrechtswidriger Akt. In Kiew säßen auch nicht ausschließlich Heilige. Russisch als zweite Landessprache zu verbieten, das sei auch kein Akt der Nächstenliebe. Fazit: beide Seiten müssen verstehen, dass es so nicht geht, sagt Vande Lanotte.
Jetzt will die Regierung zunächst den EU-Sondergipfel vom Donnerstag vorbereiten. Und so schnell, wie sich die Dinge in der Ukraine in letzter Zeit entwickelt haben, sind zwei Tage fast schon eine halbe Ewigkeit.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)