Fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt betritt König Philippe wieder das Rednerpult im festlich geschmückten Thronsaal. Es ist seine erste Rede als Staatsoberhaupt beim traditionellen Neujahrsempfang der Körperschaften des Landes.
2014 ist in doppelter Hinsicht ein wichtiges Jahr für Belgien. Ende Mai finden die Parlamentswahlen statt, Anfang August jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal. Schmerzhafte Erinnerungen werden wach.
1. Weltkrieg
"Unser Land hat einen hohen Preis für diesen Krieg bezahlt", erinnert König Philippe. Unzählige Soldaten haben von Lüttich bis nach Ypern ihr Leben geopfert - auf den Schlachtfeldern und in den Schützengräben. Während des Überfalls auf Belgien sind zudem Tausende Zivilisten getötet worden. 100 Jahre später leben wir in Frieden, mitten in der Europäischen Union. Zwar sei das Projekt Europa nicht vollendet und sicher nicht fehlerfrei, aber die EU bleibe unser größter Trumpf.
Auch auf die Sechste Staatsreform, die in Kürze in Kraft tritt, ging der König kurz ein. Föderalstaat, Gemeinschaften und Regionen würden dank der neuen Staatsstruktur besser auf die Herausforderungen der Zukunft eingehen können. Und zusammenarbeiten.
Di Rupo wirbt für Regierung
Premierminister Elio Di Rupo hat wie erwartet erneut die Verdienste seiner Regierung gelobt - genau wie das „belgische Rezept“, das er seit über zwei Jahren anwende: Sparpolitik gepaart mit Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft. Die Lobhudelei auf die Koalition war allerdings kurz und bündig. In den Mittelpunkt seiner Rede stellte der Regierungschef die Wertegesellschaft. Freiheit, Solidarität, Respekt und Offenheit hätten Belgien vorangebracht.
Di Rupo forderte mehr davon. "Wir dürfen nicht zuschauen, wie unsere Gesellschaft abdriftet", sagt Di Rupo. Ungerechtigkeiten im Alltag müssten wir bekämpfen. Wie etwa, dass Frauen am Arbeitsplatz diskriminiert werden. Menschen wegen ihrer Herkunft keinen Job finden. Gleichgeschlechtliche Paare keine Wohnung. Oder Jugendlichen wegen ihrer Hautfarbe der Zugang zur Diskothek verwehrt wird.
Albert und Paola fehlten
Beim Neujahrsempfang war bislang immer die ganze königliche Familie, doch Albert und Paloa blieben der Veranstaltung am Mittwoch fern. Offiziell, um dem neuen Königspaar nicht die Show zu stehlen. Hinter vorgehaltener Hand wird aber ein anderer Grund vermutet. Albert und Paola haben das Treffen boykottiert, um ihrem Ärger Luft zu machen, weil die Regierung ihre Dotation nach dem Thronwechsel drastisch gekürzt hatte.
König Philippe ging auch auf die bevorstehenden Wahlen am 25. Mai ein. "Ich gehe sehr hoffnungsvoll in dieses neue Jahr. Aus den Wahlen im Mai wird unser Land erneut Kraft schöpfen. Zudem wird es die Früchte aus der jüngsten Staatsreform ernten. Durch die kontinuierliche Rückkehr des Wachstums wird unsere Wirtschaft einmal mehr Wohlstand und Wohlergehen erzeugen. Lassen wir uns daraus gemeinsam den besten Nutzen ziehen. Ich wünsche Ihnen ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2014.“
Die Wahlen im Mai: Das wird Philippes echte Feuertaufe als neuer König der Belgier.
Bild: Benoit Doppagne (belga)