Am Montagnachmittag sind die ersten Gleise verlegt worden. Derzeit müssen die Zugreisenden noch im Brüsseler Nordbahnhof umsteigen. Die Fahr dauert im besten Fall 30 Minuten. Durch den neuen Tunnel wird die Fahrtzeit viel kürzer, sagt SNCB-Chef Jo Cornu.
Aber nicht nur innerhalb der Hauptstadt bietet der Tunnel Vorteile, auch für den Süden des Landes. Wer aus Namur anreist, kann künftig sofort zum Flughafen - ohne lästiges Umsteigen und Wartezeit im Nordbahnhof.
Heute braucht man für die Strecke Namur-Brussels Airport gut anderthalb Stunden. Dank des neuen Tunnels verkürzt sich die Reisezeit auf 55 Minuten.
Die Bauarbeiten haben bereits 2008 begonnen. Bislang liege man gut im Zeitplan, sagt Luc Lallemand, der Geschäftsführer von Schienennetzbetreiber Infrabel. Der Tunnel Schuman-Josaphat kostet gut 600 Millionen Euro. Der Föderalstaat trägt den Großteil der Kosten, 30 Millionen kommen von der EU.
Strenge Sicherheitsauflagen
Der Bau des vierspurigen Bahntunnels ist eine Herkulesaufgabe, denn Brüssel ist dicht besiedelt. Da müssen strenge Sicherheitsauflagen eingehalten werden. Eine komplizierte Herausforderung für die Ingenieure, sagt Thomas Baeke, der Sprecher von Infrabel. Auch weil der Tunnel mitten unter das Europaviertel führt.
Der Bahntunnel verläuft unter dem EU-Ministerratsgebäude, unter dem Berlaymont, und beispielsweise auch der niederländischen Botschaft. Eigens dafür musste also auch ein Stück niederländisches Territorium enteignet werden. Eine heikle Angelegenheit, aber alles verlaufe nach Plan.
Der Tunnel ist auch Teil des lang ersehnten Brüsseler S-Bahnnetzes. Das lässt weiter auf sich warten. 2018 sollen 80 Prozent fertiggestellt sein und in Betrieb genommen werden, verspricht Aufsichtsminister Jean-Pascal Labille.
Das S-Bahnnetz, das sogenannte RER, genieße höchste Priorität. Verschiedene Einsprüche und Genehmigungsverfahren hätten das Projekt in die Länge gezogen, doch jetzt werde auf Hochtouren daran gearbeitet, sagt Labille.
Neuer Bahnhof
Unter dem Schuman-Kreisverkehr im EU-Viertel entsteht zurzeit der modernste Bahnhof des Landes - ein Multifunktionswunder. Zug, U-Bahn, Bus: Die Fahrgäste werden hier in Windeseile umsteigen können. Der neue Schuman-Bahnhof soll zusammen mit dem Tunnel Ende nächsten Jahres eröffnet werden.
Bleibt nur noch eins: Damit der Zug zur echten Alternative wird, muss die SNCB ihre schwache Pünktlichkeitsrate erhöhen. Das habe er zur Chefsache gemacht, betont der neue Geschäftsführer der belgischen Bahn, Jo Cornu, im BRF-Interview.
Bild: Jonas Rossens (belga)