In die Akte Wesphael kommt erneut Bewegung: Nach Angaben des französischsprachigen Rundfunks RTBF hat die Familie des Opfers erstmals Einblick erhalten in alle Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft. Offenbar ist die Lage viel weniger eindeutig als zunächst angenommen. So soll es sogar Elemente geben, die den wallonischen Abgeordneten und Hauptbeschuldigten Bernard Wesphael entlasten könnten. Wesphael wird vorgeworfen, seine Frau Ende Oktober in einem Hotel in Ostende getötet zu haben.
Nach Durchsicht der Akte Wesphael ist nichts mehr so klar, wie es zu Beginn aussah - berichtet die RTBF. So soll im Autopsiebericht der beiden Gerichtsmediziner stehen: Die Gesichtsphysionomie des Opfers Véronique Pirotton sowie die Haut am Hals hätten völlig normal ausgesehen, wiesen also keine Würgemale auf. In der Anklage soll das Wort „Strangulierung" übrigens durch „Erstickung" ersetzt worden sein.
Auch der Alkoholgehalt im Blut des Abgeordneten ist viel niedriger als zunächst vermutet - er betrug am späten Abend des Vorfalls 0,13 Promille. Das Opfer hatte dagegen über drei Promille Alkohol im Blut. Anfangs waren einige von einem feucht-fröhlichen Abend mit anschließendem Streit ausgegangen - auch diese Hypothese wirft jetzt viele Fragen auf.
Außerdem wurden nach Angaben der RTBF im Körper des Opfers Spuren von vier Medikamenten nachgewiesen - darunter Muntermacher, Antidepressiva und Beruhigungsmittel. Bernard Wesphael hat von Anfang an seine Unschuld beteuert und von einem tragischen Selbstmord seiner Frau gesprochen.
Der Politiker bleibt zwar der Hauptverdächtige in dem Todesfall, trotzdem scheint die Beweislage weniger eindeutig als zunächst angenommen.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)