Die 49-jährige Dominique Leroy wird Nachfolgerin des geschassten Didier Bellens an der Spitze des staatlichen kontrollierten Telekom-Unternehmens. Endlich eine Frau an der Spitze eines Staatsbetriebes; der Staat geht hier mit gutem Beispiel voran. Isabella Lenarduzzi von der Organisation JUMP, die sich die Gleichberechtigung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz auf die Fahnen geschrieben hat, zeigte sich in der RTBF überglücklich.
Aus dem Auswahlverfahren, das ein so genanntes Headhunter-Büro durchgeführt hatte, war Dominique Leroy als die geeignetste Kandidatin hervorgegangen. Und: Es gab keinerlei Einwände gegen die Personalie. Die Regierung nickte die Bezeichnung von Leroy als neue Hauptgeschäftsführerin von Belgacom ungewohnt einmütig ab. Die Zustimmung des Verwaltungsrates am Donnerstagmittag galt als Formsache.
Dass hätte eigentlich niemand für möglich gehalten. In den letzten Wochen und Monaten hat die Regierung in regelmäßigen Abständen ein jämmerliches Bild abgegeben, wenn es eben darum ging, die Spitzenposten in den staatlich kontrollierten Unternehmen neu zu besetzen. Und es ist keine böswillige Unterstellung, wenn man behauptet, dass da die politische Couleur der Kandidaten in der Regel schwerer wog als ihre Fähigkeiten: ein klassischer, parteipolitisch motivierter Pöstchenschacher.
"Na das kann ja heiter werden", dachten denn auch viele Beobachter, als die Regierung im Herbst Didier Bellens den Laufpass gab. Der sarkastische Bellens war einfach untragbar geworden. Der Verdacht der Interessenverquickung stand im Raum. Außerdem reihte Bellens Provokation an Provokation.
Leiterin des Privatkundengeschäfts
Am 15. November wurde Bellens entlassen. Keine zwei Monate später steht seine Nachfolgerin fest: Dominique Leroy. Sie gehörte schon dem Direktionsrat von Belgacom an. Leroy war schon unter Bellens zur Leiterin des Privatkundengeschäfts aufgestiegen. Sie hatte es aber geschafft, eine gesunde Distanz zu Didier Bellens zu halten und bot ihm - dem Übermacho, wie ihn die Zeitung De Morgen bezeichnet - sogar die Stirn.
Prinzipiell sei es jedenfalls gut, dass man intern einen Nachfolger gefunden hat, sagte der OpenVLD-Vizepremier Alexander De Croo in der VRT. Dominique Leroy kennt das Unternehmen sehr gut. Und sei auch immer ein ermutigendes Zeichen, wenn deutlich wird, dass "Eigengewächse" innerhalb eines Unternehmens aufsteigen können.
"Eigengewächs" stimmt im Fall Dominique Leroy nur bedingt. Dominique Leroy ist erst seit 2011 bei Belgacom. 24 Jahre lang war sie zuvor bei Unilever Belgien, brachte es da auch schon zur Spitzenmanagerin. Und es war anscheinend Didier Bellens, der die überaus fähige Frau zu Belgacom lockte.
Dominique Leroy galt schon während ihres Studiums an der Solvay-Brussels-School als hochbegabt. In ihrer Karriere hat sie oft genug Neuland betreten, Neuland für eine Frau. Am Anfang ihrer Laufbahn habe man als Frau richtig kämpfen müssen, sagte Leroy vor einigen Jahren in der RTBF. Als Frau sei es nicht leicht gewesen, an einen Managementposten zu kommen. In vielen Bereichen sei sie die erste Frau gewesen, die es bis dahin geschafft habe, in gewisser Weise sei sie so eine Art Pionierin gewesen.
Pionierin... Das gilt mehr denn je für den Karrieresprung, den Dominique Leroy jetzt hingelegt hat. Sie ist nicht nur die erste Frau an der Spitze eines Staatsbetriebs, sie ist zugleich die erste weibliche Hauptgeschäftsführerin in einem Bel-20-Unternehmen überhaupt. Dabei erbringt sie zugleich den Beweis, dass man kein rabiater Zyniker sein muss, um es so weit zu bringen. Dominique Leroy geht fast schon als Gegenentwurf ihres Vorgängers durch. Didier Bellens wirkte arrogant, überheblich, selbstzufrieden, war ein Rüpel und Provokateur, galt als geldgierig und sarkastisch. Und Bellens sprach ein sehr dürftiges Niederländisch. Dominique Leroy ist perfekt zweisprachig. Sie gilt als gründlich, entschlossen und ehrgeizig, zugleich aber als freundlich, mitfühlend und kommunikativ. Begriffe wie Coaching und Motivation seien für sie ganz wichtig, sagte Leroy einmal in einem VRT-Interview. Ferner müsse man sich und seinen Mitarbeitern auch Ziele setzen.
Hausintern bei Belgacom hat die Benennung von Dominique Leroy anscheinend für Aufatmen gesorgt. Erstens, weil die Entscheidung schnell gefallen ist, und zweitens, weil jemand aus dem Haus ausgesucht wurde. Leroy hat das Privatkundengeschäft von Belgacom in den letzten Jahren neu ausgerichtet und den Markt damit teilweise auch wirklich aufgemischt. Mit Leroy bekommt Belgacom jedenfalls eine ganz neue Chefin. Die Herausforderungen sind aber die gleichen wie die, mit denen auch schon Bellens konfrontiert war: Die Konkurrenz ist rüde, und Belgacom ist und bleibt ein staatlich kontrolliertes Unternehmen, von dem besagter Staat auch ansehnliche Dividenden erwartet. Beides will unter einen Hut gebracht werden.
Bild: Dirk Waem (belga)