Ein üppiges Menu, was in der Rue de la Loi in dieser Woche aufgetischt wird. Und da sind gleich mehrere Gerichte dabei, die unter normalen Umständen als Hauptgang durchgehen würden.
Zunächst der Haushalt. Das ist für ein Mal noch der leichteste Happen. Im Grunde muss das Parlament nur noch das verabschieden, was die Regierung im Herbst schon vorgekaut hat. Konkret: neue Einsparungen in Höhe von knapp drei Milliarden Euro, plus Maßnahmen zur Wiederankurbelung der Wirtschaft im Gesamtwert von rund einer Milliarde.
Das Plenum der Kammer hat in der Nacht schon über den Haushalt debattiert, abgestimmt wird voraussichtlich am Mittwoch. Das Parlament, vor allem die Kammer, wird in dieser Woche kaum noch zur Ruhe kommen. Bis wenigstens Donnerstag wird es jeden Tag eine Plenarsitzung geben - nicht auszuschließen, dass man am Freitag in die Verlängerung gehen muss.
Denn es steht noch ein wirklich dicker Brocken an: die zweite Phase der sechsten Staatsreform nämlich. Die Spaltung des Wahl- und Gerichtsbezirkes Brüssel-Halle-Vilvoorde und auch das Finanzierungsgesetz sind ja schon verabschiedet. Jetzt stehen zwei weitere große Kapitel an. Erstens: die Reform des Senats, der ja in eine Länderkammer umgewandelt werden soll.
Und zweitens: die Übertragung neuer Zuständigkeiten vom Föderalstaat an die Regionen und Gemeinschaften. Der parlamentarische Bericht, aus dem die Zeitung L'Avenir zitiert, fasst es wunderbar zusammen: "Diese Sechste Staatsreform wird es den Regionen und Gemeinschaften ermöglichen, auf den Alltag der Bürger einzuwirken, von der Wiege bis zum Grab". Das geht in der Tat vom Kindergeld über Arbeitsmarktpolitik bis hin zur Seniorenpolitik. Gesamtvolumen: 17 Milliarden Euro. Hinzu kommt eine deutliche Erweiterung der Steuerautonomie der Teilstaaten, die also verstärkt Einfluss nehmen können auf die Steuerschraube, in welche Richtung auch immer.
Das ist natürlich ein riesiges Paket. "Aber im Grunde sind diese Themenkomplexe ja schon in den jeweiligen Ausschüssen ausgiebig diskutiert worden", sagte Kammerpräsident André Flahaut in der RTBF. Insofern werde er die Abgeordneten dazu anhalten, sich aufs Wesentliche zu beschränken und nicht alle Argumente x Mal zu wiederholen.
Volles Programm auch für die Regierung
Die Regierung hat neben den Arbeiten im Parlament dann auch noch ihr Päckchen zu tragen. Am Dienstagmorgen stand erstmal der so genannte Konzertierungsausschuss auf dem Programm, wo alle Regierungen des Landes an einem Tisch sitzen.
Auf der Tagesordnung stand insbesondere der Beitrag der Teilstaaten zum nationalen Konjunkturplan. Die DG wurde durch Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz vertreten, der dann auch die Initiativen vorstellte, die in der Deutschsprachigen Gemeinschaft geplant sind. Darunter Maßnahmen zur besseren Integration von Menschen mit einer Behinderung in den Arbeitsmarkt, die Bekämpfung des Fachkräftemangels und die Annäherung zwischen der Schule und der Wirtschaft über das so genannte Duale System, das ja vor allem in der DG praktiziert wird.
Am Nachmittag geht es gleich weiter, dann setzt die Regierung ihre Beratungen über die Finanzmarktreform von Finanzminister Koen Geens fort. Das ist auch wieder eine sehr umfangreiche Akte: Trennung von Geschäfts- und Investmentbanking, Bonuszahlungen für Banker und, sehr heikel, die Besteuerung von Finanzprodukten. Von der Quellensteuer befreit sind ja bislang nur Bankkonten, und zwar bis zu einem Zinsertrag von 1.880 Euro.
Diese Regelung will Geens ausweiten auf andere Finanzprodukte wie Kassenbons oder Wertpapiere. Allerdings hätte der Sparer oder Anleger quasi erst seine Kapitalerträge offenlegen. Dagegen waren insbesondere die Flämischen Liberalen Open VLD Sturm gelaufen, sie sahen darin den ersten Schritt in Richtung einer Reichensteuer.
"Alles Unsinn", wiederholte Koen Geens am Abend noch einmal in der VRT-Fernsehsendung Terzake. Und er zeigte dann gleich eine mögliche Kompromisslinie auf: Ihm würde auch schon eine "Erklärung auf Ehrenwort" reichen, wo der Steuerpflichtige also versichert, dass seine Kapitalerträge nicht die Grenze von 1.880 Euro überschreiten. Er wolle jedenfalls keinesfalls dem Bürger ins Portemonnaie greifen, ihm gehe es allein um die Wirtschaft. Durch die Ausweitung der Steuerbefreiung von Bankkonten auf andere Geldanlagen soll mehr Geld in die Realwirtschaft fließen, statt auf Konten zu schlummern.
Dadurch, dass aber auch die anderen Aspekte der Finanzmarktreform noch nicht wirklich konsensfähig sind, muss die Regierung hier wohl in der Verlängerung gehen. Sicherheitshalber wurde auch schon für Dienstagabend wieder ein Zeitfenster reserviert.
Vor allem Premier Elio Di Rupo muss sich in diesen Tagen quasi in vier teilen: Donnerstag und Freitag steht auch noch ein EU-Gipfel an.
All diese Häppchen und Happen müssen jedenfalls idealerweise am Freitag vom Tisch sein, oder besser: vor Beginn der Weihnachtsferien. Der Grund ist eher psychologischer Natur. Ab Anfang kommenden Jahres stehen die Zeichen wirklich auf Wahlkampf - und spätestens dann ist wohl Schluss mit Kompromissbereitschaft.
Bild: Thierry Roge (belga)