Nein, es waren weder Michelle Martin, noch irgendwelche Syrien-Kämpfer, es waren Menschen, die wegen Verkehrsdelikten verurteilt waren. "Hau' den König" traf Verkehrssicherheit. Mit Recht hat diese einen hohen Stellenwert, geht es doch um den Schutz von Menschenleben und gesundheitlicher Unversehrtheit. Doch muss das gleich ins Dogmatische abrutschen? "Go for Zero", also null Verkehrsopfer, heißt der Leitspruch der Kampagne. Tut ein solcher Leitspruch der Sache gut, oder schadet er durch seine Unglaubwürdigkeit? Nochmal: Natürlich ist Bewusstseinsbildung wichtig, aber muss sie so erfolgen?
Wie peinlich, als sich herausstellte, dass es Frau Turtelboom war, die die Entscheidungen traf und dass es in keinem der elf Strafminderungen durch Begnadigung Verkehrsopfer gegeben hatte, dass es sich bei den Begünstigten um demente alte Menschen ging, um eine Großmutter, die überstürzt ins Krankenhaus wollte, zur kranken Enkelin, und ähnliches. Aber die Gelegenheit war zu schön. Um so mehr da Begnadigung ein Zeichen von Souveränität schlechthin ist, seit es Staaten gibt. Das hielt Frau Turtelboom nicht davon ab, verschreckt anzukündigen, vorerst niemanden mehr zur Begnadigung vorzuschlagen. Klar, wichtiger als gerichtliche Folgen sozial abzumildern, sind die anstehenden Wahlen. Bei einer Maggie De Block, die in den Umfragen kometenhaft gestiegen ist, darf Frau Turtelboom natürlich keinen Schatten werfen.
Peinlich auch für das Institut für Verkehrssicherheit, das gleich aufschrie, der König sabotiere seine Bemühungen. Besagter König kann sich nicht mal wehren, Frau Onkelinx sprang in die Bresche, selbst ein nicht gerade königsfreundliches Blatt, wie "Het Laatste Nieuws", spielte den Ball flach, nachdem es sich die Vergehen der elf Begünstigten näher angeschaut hatte. Dass sich das Institut ohne Prüfung der Sachlage in die Reihe der militanten Königsgegner einreihte, hat vielleicht auch damit zu tun, dass das Institut von seinem Schulterschluss mit der Ministerin lebt. Das ist nun mal die Crux, wenn der Staat Souveränitätsrechte auslagert, an Institute oder Institutionen.
Da muss es nicht verwundern, dass es in dieser Woche ein weiteres Beispiel gab, weltweit sogar, Politik kritiklos und ohne Gegenprobe auszulagern: Diese Woche war PISA-Tag. Auch hier ein dogmatischer Bereich: "Mathematik sprachlich erfassen". Die Testindustrie freut sich, ebenso die OECD, ebensowenig demokratisch legitimiert wie ihr australischer Partner. In den Schulbüchern schlägt sich die Fachsprachlichkeit bereits nieder: Wo ist sie geblieben, die Schönheit der Mathematik und ihre Eleganz ...