Für die einen sind sie eine umweltfreundliche Alternative zur Kernenergie, für die anderen ein Ärgernis, weil sie die Natur verschandeln, den Flug der Vögel stören und auch gesundheitliche Schäden beim Menschen hervorrufen sollen. Die Wallonie jedenfalls setzt massiv auf Windräder: Bis 2020 soll sich ihre Zahl verdreifachen.
Stehen sollen die Windräder aber dort, wo es Sinn macht. Diese Zonen haben die zuständigen Minister auf einer Karte ausgewiesen, zu der es jetzt eine öffentliche Befragung in den betroffenen Gemeinden gab. Das Ergebnis hatten sich die Ecolo-Minister Philippe Henry und Jean-Marc Nollet anders vorgestellt.
Henry und Nollet, in der wallonischen Regierung zuständig für Gebietsgestaltung und Energie, hätten gerne mit der Karte, die sie im Sommer als zukunftsträchtig der Öffentlichkeit vorgestellt hatten, weiter gearbeitet. Durch grüne Flecken waren in dieser Karte Gebiete markiert, in denen es am günstigsten sei, Windanlagen zu bauen. So viele, dass 2020 15 Prozent des Strombedarfs der Wallonie von Windenergie abgedeckt werden könnte. Auch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft gibt es laut Karte solche Gebiete, in allen Gemeinden außer in Kelmis und in Raeren.
Jetzt aber gibt es die Karte als politischen Plan nicht mehr. Denn mittlerweile liegen die Ergebnisse der öffentlichen Befragung vor. Nur 27 Gemeinden finden die Pläne gut, 27 haben keine deutliche Meinung, 60 sind dagegen. Konsequenz: Die Windräder sollen zwar gebaut werden, aber die Karte wird verschwinden.
Sie sei falsch verstanden worden, sagt Philippe Henry. "Die Leute in den Gemeinden haben gedacht, dass überall dort, wo grüne Flächen ausgewiesen waren, auch tatsächlich Windräder hätten gebaut werden sollen. Aber das war natürlich nicht der Plan", so der Minister. "Die grünen Flecken waren nur als potenzielle Standorte gedacht. Ob dort auch tatsächlich Windräder gebaut werden, hätten wir dann anhand der Karte mit den Leuten vor Ort besprochen."
Prozess wird umgedreht
Nun soll erst mit Bürgern, Vereinen und Gemeinden gesprochen werden, bevor eine Karte gezeichnet wird, kündigte Energieminister Nollet an. Die Gespräche seien als neuer Zwischenschritt zu sehen. Man wolle die Bedenken der Leute ernst nehmen, mit ihnen reden, und dann nochmal die ausgewiesenen Flächen für Windräder sorgfältig auf ihre Eignung hin prüfen. Die neue Karte wollen die Minister bis zu den Wahlen im Mai gezeichnet haben. Sie soll auf jeden Fall der neuen Regierung als Erbe hinterlassen werden. Ob Ecolo darin vertreten sein wird oder nicht.
Klar scheint bereits, dass viele Windradprojekte entlang der Autobahnen und auch der Binnenwasserwege verwirklicht werden sollen. Denn dort stören sie kaum. Minister Carlo Di Antonio (CDH), zuständig für öffentliches Bauwesen, will sogar alle neuen Windräder dort aufstellen: Sein Plan sieht vor, bis 2025 jedes Jahr 1000 neue Windräder entlang von Autobahnen und Wasserwegen zu bauen, wo Grund und Boden sowieso schon der öffentlichen Hand gehören.
Die Ziele der Ecolo-Minister könnten auch so erreicht werden, sagt Di Antonio. Erst fünf Jahre später, aber ohne eine neue Karte entwerfen zu müssen und mit weniger Ärger für Bürger und Gemeinden.
Bild: Eric Lalmand (belga)