Die Zeitungen haben nachgerechnet. Laut Het Laatste Nieuws planen flämische Städte und Gemeinden bislang die Streichung von rund 2.500 Stellen. Zuletzt hat Brügge angekündigt, in den kommenden fünf Jahren 180 Stellen abzubauen. Gent wird 300 Jobs streichen, Antwerpen sogar 1.400.
In der Wallonie sieht das nicht anders aus. Rund 500 Arbeitsstellen wollen die wallonischen Städte und Gemeinden abbauen, schreibt die Zeitung L'Echo. Die Stadt Charleroi beispielsweise will 160 Stellen streichen.
Auch Eupen baut Stellen ab – andere DG-Gemeinden nicht
Zwar will man überall versuchen, diesen Stellenabbau so sanft wie möglich abzuwickeln - etwa über natürliche Abgänge, indem man etwa pensionierte Mitarbeiter nicht ersetzt - aber Arbeitsplatzabbau ist letztlich Arbeitsplatzabbau. Und bislang geht es hier belgienweit um 3.000 Jobs. Das kann man durchaus schon als einen Trend bezeichnen.
Dazu kommt: Man muss davon ausgehen, dass das nur der Anfang ist. Vor der Wahl am 25. Mai hat keine Partei wirklich Interesse daran, es sich jetzt mit den Leuten zu verscherzen. Also versucht man, die Entscheidungen hinauszuzögern. Ein Experte sagt denn auch in L'Echo, dass spätestens im Sommer nächsten Jahres eine wahre Kündigungswelle durch die Gemeinden rollen wird.
Vor einigen Tagen schon hatten Kommunalpolitiker wie Claude Eerdekens, der Bürgermeister von Andenne, die Alarmglocke gezogen: Wenn das so bleibe, dann müssten die Gemeinden am Ende wohl bis zu 30.000 Arbeitsplätze abbauen. Das könnte man dann doch ein Erdbeben nennen. Nicht nur wegen der betroffenen Mitarbeiter, sondern auch, weil die Dienstleistungen der Gemeinden zwangsläufig darunter leiden würden.
Krise und andere Gründe
Wie kommt's? Erstens schlägt hier natürlich die Krise durch. Überall wird gespart, und häufig ist es eben so, dass die Gemeinden das "letzte Glied in der Kette" sind, dass die Sparmaßnahmen also durchgereicht werden und bei den Gemeinden ankommen. Das gilt z.B. für den Bereich der Öffentlichen Sozialhilfezentren. Jeder Arbeitslose, dem man die Unterstützung streicht, der landet am Ende im ÖSHZ. Nur muss man wissen, dass viele finanzielle Unterstützungen, die die Sozialhilfezentren auszahlen, zumindest teilweise die Gemeinden mittragen müssen.
Die Krise führt natürlich auch dazu, dass die Steuereinnahmen sinken. Das gilt ganz besonders da, wo es Massenentlassungen gegeben hat, also z.B. in der Provinz Limburg nach dem Ende von Ford Genk.
Neben der Krise gibt es aber noch andere Gründe, Stichwort Dexia. Nach der Pleite der Dexia-Bank ist auch die so genannte Gemeindeholding - eine Art Beteiligungsgesellschaft, in der sich die Gemeinden zusammengeschlossen hatten - vor die Hunde gegangen. Diese Gemeindeholding war ein großer Aktionär der Dexia. Früher gab es jedes Jahr schöne Dividenden, die dann in die kommunalen Haushalte flossen. Seit der Pleite der Dexia und danach auch der Gemeindeholding ist das also Geschichte.
Das sind nur die sichtbarsten Gründe, aber Fazit ist: Die Gemeinden beklagen, dass man sie mit all dem quasi im Regen stehen lässt und dass sie jetzt an ihre Substanz gehen müssen.
Tickende Zeitbomben
Dazu sind weitere Probleme quasi vorprogrammiert. Durch die Reform der Polizei- und Hilfeleistungszonen kommen auf die Gemeinden zusätzliche Kosten zu, ganz zu schweigen von der Rentenproblematik. Um die Pensionen des beamteten Gemeindepersonals auf Dauer bezahlen zu können, sind seit einiger Zeit neue Dispositionen in Kraft. Auf Dauer kommen da auf die Gemeinden milliardenschwere zusätzliche Kosten zu.
Und auch die Öffentlichen Sozialhilfezentren kann man als tickende Zeitbombe bezeichnen. Wenn die Arbeitsmarktreform Anfang 2015 in Kraft tritt, dann geht man davon aus, dass mit einem Schlag zehntausende Arbeitslosengeld-Empfänger mit einem Mal bei den ÖSHZ anklopfen müssen. Also noch so ein Problem, das die Finanzen der Gemeinden auf Dauer noch weiter belasten werden.
In der Wallonie hat jetzt die Region versprochen, Gemeinden in Not mit 120 Millionen Euro zu unterstützen. Aber, das klingt angesichts der von den Gemeinden angeführten Probleme so ein bisschen wie der Tropfen auf dem heißen Stein.
Illustrationsbild: Herwig Vergult (belga)