Belgacom-Chef Didier Bellens ist am Freitag in den Zeitungen so etwas wie die "Hassfigur des Tages". Kaum ein Blatt lässt ein gutes Haar an ihm. Hintergrund ist sein Auftritt am Donnerstag in einem Kammerausschuss. Bellens kam dabei offenbar dermaßen arrogant daher, dass er, so wie es aussieht, sogar den Rückhalt der PS verloren hat, die ihn ja eigentlich an der Spitze des Staatsunternehmens platziert hatte. Und doch dürfte Didier Bellens noch bis 2015 Belgacom-Chef bleiben.
"Vielen Dank für die Einladung", sagte Didier Bellens zu Beginn der Sitzung des Kammerausschusses. Er werde sein Bestes tun, alle Fragen zu beantworten. "Sein Bestes",... nun, was das in der Praxis bedeutet, da war man sich wohl am Ende nicht ganz einig.
Die Abgeordneten hatten den Belgacom-Chef nicht eingeladen, um über das Wetter zu reden. Vielmehr hatte Bellens in der letzten Zeit - einmal mehr, möchte man sagen - eine Reihe von Schlagzeilen produziert. Es standen Fragen im Raum, mit denen die Parlamentarier Bellens konfrontieren wollen.
Erstes Kapitel: der böse Brief
Vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass Didier Bellens sich schriftlich bei CD&V-Chef Wouter Beke beschwert hatte - beschwert über einen CD&V-Abgeordneten, mit Namen: Roel Deseyn. Deseyn hatte Bellens vorgeworfen, im Zusammenhang mit den angezapften Belgacom-Netzwerken nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben.
Dass sich Bellens deswegen aber gleich an den Parteipräsidenten gewandt hat, das stößt den Abgeordneten sauer auf. Die PS-Abgeordnete Karine Lalieux nennt Ross und Reiter: Das sei Einschüchterung und das sei inakzeptabel. Bellens habe da ganz klar versucht, Druck auszuüben.
"Warum haben sie mir nicht den Brief geschickt?", fragt sich auch Roel Deseyn, der Mann, über den sich Bellens beschweren wollte. "Ich gebe ihnen gerne meine Adresse."
Einen Moment lang streift Didier Bellens das Büßergewand über: Wenn man das falsch verstanden habe, gut, dann entschuldige er sich. Aber, so fügt er gleich hinzu: Im tiefsten seines Inneren sei er davon überzeugt, dass er sich nicht beleidigen lassen müsse - von niemandem.
Zweites Kapitel: das Immobiliengeschäft
Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass Belgacom ein Gebäude verkaufen will, in bester Brüsseler Lage. Einer der potentiellen Käufer ist das Unternehmen Immobel. Im Vorstand von Immobel sitzt kein geringerer als... Didier Bellens.
Mal ehrlich, sagte der SP.A-Abgeordnete David Geerts, es sei doch nicht normal, dass der Chef eines Staatsunternehmens, das zudem über eine Menge Gebäude verfüge, dass dieser Chef zugleich einem Immobilien-Unternehmen vorstehe.
Interessenverquickung, anders könne man das nicht nennen, waren sich quasi alle Ausschussmitglieder einig. Didier Bellens sah das naturgemäß anders. Er übte sich in einer lupenreinen Belehrung: "Ich weiß nicht, ob es ihnen entgangen ist - anscheinend hat das ja noch keiner gemerkt- aber...: Das Gebäude wurde noch nicht verkauft."
"Ah!", sagt Bellens sarkastisch, "das ist Ihnen nicht entgangen; guuute Neuigkeit. Also: Wenn das Gebäude noch nicht verkauft ist, nun, dann gibt es auch keine Interessenverquickung. Ist doch klar, oder?" Ein Raunen geht durch den Saal.
"Verstehe ich Sie richtig, fragt der N-VA-Abgeordnete Peter De Decker: Wenn einer eine Bank ausrauben will, aber den Safe nicht aufkriegt, dann hat er nichts getan?"
N-VA vs Bellens
"In der Tat", sagt Bellens, "er bleibe dabei, dass er sich nichts vorzuwerfen habe." Dass das Ganze ein Geschmäckle hat, das hat offensichtlich für Bellens keinen Wert. Die einzige Frage lautet für ihn: legal oder illegal. Und weil das Gebäude nicht verkauft ist, nun, formaljuristisch gebe es dann eben auch keinen Interessenkonflikt.
"Das stimmt doch nicht", sagt Stefaan Van Hecke, "Sie haben Immobel doch die Pläne des Gebäudes weiterreichen können. Immobel hat sich schon Gedanken machen können, hat gegenüber den anderen Interessenten einen klaren Wettbewerbsvorteil."
Und die PS ...
"Da gibt es nichts Illegales", wiederholt Bellens immer wieder. Auf Details geht er gar nicht ein. Karine Lalieux, PS, hat jedenfalls genug vom Belgacom-Chef: "Im Namen meiner Partei möchte ich Ihnen sagen: Wir haben genug von ihrem Verhalten, wir leben offensichtlich nicht auf demselben Planeten."
Dass die frankophonen Sozialistin so scharf auf Bellens schießt, ist bemerkenswert, Bellens trägt den PS-Stempel, wurde von der PS in das Amt gehoben. Dass er offensichtlich in Ungnade gefallen ist, muss aber nichts heißen. "Bellens in die Wüste zu schicken, das ist zu teuer", titelt am Freitag das flämische Massenblatt 'Het Laatste Nieuws'. Sein Vertrag läuft bis 2015. Muss er früher gehen, dann wird ein Goldener Handschlag fällig: Man spricht von zwei bis vier Millionen Euro.
Es sei denn, man kann ihm einen schweren Fehler nachweisen. Das ist nicht so einfach - Bellens dürfte also bis auf weiteres Belgacom-Chef bleiben. Der Punkt ist, und das zeigt letztlich auch sein Verhalten: Bellens weiß das...
Bild: Eric Lalmand (belga)