Mein Gott, welche Zeitreise! Am Sonntag lief die letzte Folge der VRT-Soap "Albert II". Perücken, falsche Nasen, manche Schauspieler gut gecastet, andere weniger. Die Cobourgs als Seifenoper. Baudouin - der Echte - wird sich im Grab gedreht haben.
Wieso assoziierte ich bereits beim Schauen zu Baudouin Wilfried Martens? Weil beide ewig lang im Amt waren? Baudouin an einem Stück, Martens als Martens I, II, III, bis VII, oder waren es IX? Am Ende zählte man schon nicht mehr mit. Baudouin und Martens, das gehörte zusammen, so sehr, dass Martens Baudouin den Thron rettete, als Baudouin das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch nicht unterzeichnete.
Balduin wurde der König erstaunlicherweise nie genannt. Ob es an Louis de Funès lag, der einen urkomischen Balduin hinlegte? Wahrscheinlicher aber, weil alles etwas konservativer war. Nicht unbedingt die Gesellschaft, aber die Politik. Und die Politiker in ihren Auftritten. Martens in seinem ständigen Zweireiher, immer etwas linkisch, selbst bei seinen energischen Auftritten.
Aber vielleicht deshalb der Einzige, der Baudouin seine Unterschrift für den Beginn der Föderalisierung abtrotzen konnte. Mit der nötigen Beharrlichkeit: Er war schließlich ein Aktivist der flämischen Studentenbewegung gewesen, die mit dem "Leuven Vlaams" der "Belgique à Papa" den ersten Sargnagel verpasste. Vielleicht hatte er Baudouin auch mit seinen flammenden Aufrufen zur Bundestreue überzeugen können. War es ihm ernst gemeint oder strategisch gedacht, zusammen mit seinem Partner Hugo Schiltz von der Volksunie ?
Beide wurden Opfer ihrer jeweiligen Parteien: Dem Martens-Brutus Dehaene gelang es fast unbemerkt, den Artikel 35 in die Verfassung zu schreiben, die den Föderalstaat zur bloßen Hülle machen kann: Alle Macht den Regionen, der kümmerliche Rest dem Bund.
Der Weg war frei für eine neue Vorstellung von Bundestreue, nach dem Motto "beim Geld endet die Freundschaft" oder, um es in der Sprache derjenigen zu sagen, an die die Botschaft gerichtet ist: "Les bons comptes font les bons amis". Und in der Tat: Die Transferleistungen sind inzwischen zeitlich befristet.
Die Gegenseite flirtet mit dem Plan B und provoziert mit der Wortschöpfung Wallobrux. Eigentlich alles in der Linie dessen, worüber der junge Wilfried im Bierkelder in Löwen am Oude Markt mit seinen Kommilitonen vom flämischen Studentenbund fabuliert hatte. Danach wird wohl die Funktion den Mann gemacht haben.