Wilfried Martens wird 1936 im ostflämischen Sleidinge bei Gent geboren. Seit seiner Jugend ist er in der flämischen Bewegung aktiv. 1972 wird er zum Parteivorsitzenden der Christdemokraten, damals noch CVP, gewählt.
Ohne jegliche Erfahrung als Minister wird Martens 1979 zum Premierminister berufen. Seine erste von insgesamt neun Regierungen. Belgien durchlebt schwere Zeiten. Der Dauerstreit von Flamen und Französischsprachigen droht den Staat zu lähmen, die Verschuldung ist gigantisch hoch.
1982 wertet die Regierung aus Christdemokraten und Liberalen den belgischen Franken ab. Martens verteidigt die drastische Entscheidung. Es folgen die Sondervollmachten. Die Regierung setzt das Parlament sozusagen außer Kraft. Für bitternötige Reformen, die schon längst hätten durchgeführt werden müssen, sagt Martens in der Kammer. In dieser Zeit kommt es neben einer drastischen Senkung der Ausgaben zu Strukturreformen. Auch die automatische Lohnindexbindung wird vorübergehend ausgesetzt.
Doch Martens hat auch dazu beigetragen, aus Belgien einen Föderalstaat zu machen. Bereits Anfang der 1970er Jahre hat er dazu Pläne geschmiedet. Mehr Eigenständigkeit für Flamen und Wallonen, darauf war er 1980 besonders stolz. Doch auch Ostbelgien und die Deutschsprachigen habe Martens nicht vergessen, erinnert sich der ehemalige Leiter des BRF Studios in Brüssel, Rudi Klinkenberg.
Die ganze Zeit über ist Martens aber ein überzeugter Belgier geblieben, königstreu noch dazu. 1990 musste er allerdings die so genannte Königsfrage lösen. Baudouin wollte das Gesetz über den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch, das Abtreibungs-Gesetz, nicht unterschreiben. Das Problem wurde dank eines juristischen Tricks gelöst, in dem der König für einen Tag entmachtet wurde.
Im November 1991 erleiden Martens und seine CVP eine schwere Wahlniederlage. Es ist der berühmt-berüchtigte schwarze Sonntag, an dem der rechtsextreme Vlaams Belang auf sich aufmerksam macht. Vier Monate später stößt ein gewisser Jean-Luc Dehaene Wilfired Martens vom Stuhl und übernimmt das Premierministeramt.
Danach beginnt Martens europäische Karriere: Er wird EU-Parlamentarier und Vorsitzender der EVP, der europäischen Volkspartei. Über 20 Jahre hatte er das Amt inne. Erst im vergangenen Jahr wurde er wiedergewählt. Lob gab es dazu auch von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Ein einziges Mal ist Martens unerwartet zurückgekehrt in die belgische Politik. Nach dem Sturz der Regierung von Yves Leterme bekam er Ende 2008 einen Erkundungsauftrag von König Albert.
Früherer Premier Wilfried Martens gestorben
Bild: Belga-Archiv
Mehr Eigenständigkeit fur Flamen und Wallonen und darauf war Wilfried Martens besonders stolz.
Viele Wallonen werden die Aussage von Herrn Martens "Walen buiten" auch nicht vergessen.