In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist Altpremierminister Wilfried Martens verstorben. Martens starb in seiner Wohnung in Lokeren im Kreise seiner Familie. Er war 77 Jahre alt. Der christdemokratische Politiker war von 1979 an 13 Jahre lang Belgiens Premierminister.
Martens stammte aus dem ostflämischen Sleidinge. 1972 übernahm er den Vorsitz der damaligen CVP. Sieben Jahre später wurde er ohne Erfahrung auf einem Ministeramt gleich Regierungschef. Abgesehen von einer achtmonatigen Unterbrechung im Jahre 1981 blieb er bis 1992 Premierminister von Belgien. Der Flame stand in dieser Zeit insgesamt zehn belgischen Regierungen vor.
Nach seiner politischen Laufbahn in Belgien wechselte Martens 1994 ins EU-Parlament. Der Christdemokrat war Gründungsmitglied der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament. Seit 1990 stand Martens an der Spitze der EVP, der auch die CDU und CSU angehören. Erst vor einigen Tagen war er wegen gesundheitlicher Probleme vom Vorsitz der Europäischen Volkspartei zurückgetreten.
Wilfried Martens hat fünf Kinder aus zwei Ehen. Seit 2008 war er mit der CD&V-Politikerin Miet Smet verheiratet. In seinem Wohnort Lokeren liegt ein Kondolenzbuch aus.
Vater des föderalen Belgiens: Wilfried Martens im Porträt
Christdemokraten trauern um Martens
Viele politische Weggefährten von Altpremierminister Wilfried Martens trauern um den populären christdemokratischen Politiker. Der CD&V-Vorsitzende Wouter Beke nannte den Verstorbenen eine Gallionsfigur seiner Partei. Martens' Leistung sei es gewesen, dem Umbau des Landes zu einem föderalen Staat Form zu geben.
Ex-Premierminister Jean-Luc Dehaene lobte das Engagement von Wilfried Martens, das er bis zum Ende seines Lebens durchgehalten habe.
Auch Flanderns Ministerpräsident Kris Peeters nannte Martens einen der wichtigsten Führer, die das Land je gehabt habe. Von Jugend an habe ihn eine enorme Leidenschaft angetrieben. In einer Phase, die durch eine tiefe ökonomische Krise und eine weltweite Unsicherheit gekennzeichnet war, habe er in Belgien für Stabilität gesorgt
Auch Premierminister und Regierungsmitglieder trauern
Premierminister Elio Di Rupo hat mit Trauer und Bestürzung auf den Tod von Wilfried Martens reagiert. "Belgien verliere heute einen seiner herausragendsten Politiker und einen großen Staatsmann", schrieb Elio Di Rupo in einer Pressemitteilung. "Wilfried Martens soll in Erinnerung bleiben als einer der Väter des föderalen Belgiens", so Premierminister Di Rupo weiter.
Auch die anderen Mitglieder der Regierung trauern um Wilfried Martens. Innenministerin Joëlle Milquet nannte ihn ein wahres Denkmal. Er sei gekennzeichnet gewesen von einem großen Pflichtgefühl, Engagement und festen Überzeugungen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einem großen Verlust für die Europapolitik. Wilfried Martens habe stets nach Konsens gestrebt, es sei ihm wichtig gewesen, Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten leben konnten.
Die EU-Abgeordneten haben bei ihrer Plenarsitzung in Straßburg eine Schweigeminute eingelegt. Parlamentspräsident Schulz würdigte Martens als großen Katholiken und überzeugten Europäer.
belga/dpa/vrt/sh - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)