Bahnreisende haben auch bei höherer Gewalt Anspruch auf Entschädigung für Verspätungen. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden. Laut EU-Gesetz haben Reisende bei Verspätungen von ein bis zwei Stunden das Recht auf Erstattung von mindestens einem Viertel des Fahrpreises. Ab zwei Stunden muss das Bahnunternehmen mindestens die Hälfte des Preises erstatten. Diese Regelung gelte auch bei Verspätungen wegen höherer Gewalt, entschied das Gericht.
Das bedeutet: Auch wenn gestreikt wird, Schienen defekt sind oder das Wetter widrig ist. Insbesondere Fluglinien berufen sich oft auf höhere Gewalt, um Entschädigungszahlungen zu umgehen. Anders als im Flugverkehr oder bei Busreisen träfen bei der Bahn solche Ereignisse aber regelmäßig ein, argumentierte der europäische Generalanwalt. Die Bahn könne Ausfälle also von vornherein mit einplanen. Das nun gesprochene Urteil nimmt alle Bahnunternehmen der EU in die Pflicht.
SNCB: "sind großzügig"
Die belgische Bahn hat angekündigt, das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Entschädigung von Bahnreisenden genauestens zu studieren. Die SNCB verweist darauf, dass sie vergleichsweise großzügig mit Entschädigungszahlungen umgehe. So werden Bahntickets bei einer Verspätung von einer Stunde zu hundert Prozent erstattet. Der EuGH sieht dafür eine Entschädigung von nur einem Viertel vor. Allerdings gab es bei der SNCB bislang keine Rückerstattungen im Falle von "höherer Gewalt".
Im vergangenen Jahr stellten mehr als 80.000 Zugreisende einen Antrag auf Entschädigungszahlungen.
dpa/ard/sd - Bild: Peter De Voecht (belga)