Hunderttausende Menschen bilden in Katalonien eine 400 Kilometerlange Kette durch die ganze Region. Genau um 17.14 Uhr fassen sich die Menschen an den Hände, um symbolisch an das Jahr 1714 zu erinnern - an das Jahr, an dem Katalonien seine Unabhängigkeit an Spanien verlor.
Die damals eingebüßte Unabhängigkeit wollen die Katalanen zurück - und damit stimmen sie in dem Ziel überein, das auch in Belgien von einigen Parteien im Norden des Landes verfolgt wird. Aber in Flandern kommt es selten zu solch spektakulären Aktionen wie am Mittwoch in Katalonien.
Eine Menschenkette von De Panne nach Maasmechelen, oder auch nur von Antwerpen bis nach Brüssel hat man bis jetzt nicht gesehen, und wird man wohl so schnell auch nicht erleben. "Wir sehen keinen Grund dazu", sagt Eric Defoort, Mitglied in der nationalistischen Partei N-VA. Defoort ist auch Präsident Europäischen Freien Allianz, ein Bündnis von europäischen Regionalparteien, die oft die Unabhängigkeit von den Staaten fordern, in denen sie liegen.
"Im Vergleich zu vielen dieser Parteien hat es die N-VA nicht mehr nötig, die Menschen in Massen auf der Straße zu bewegen. Was für andere ein Referendum über mehr Unabhängigkeit ist für die Flamen die Wahl. Wie die Föderalwahl im kommenden Jahr." Dann wird laut Defoort natürlich auch die N-VA versuchen, die Flamen davon zu überzeugen, die beste Zukunft für sie selbst zu wählen: eine belgische Konföderation.
Muss die Forderung nach mehr Unabhängigkeit nicht deutlich sichtbarer sein? "Nein", findet Defoort. "Auch der flämische Nationalismus ist durchaus sichtbar. Nämlich im täglichen Politikgeschäft, im belgischen Parlament. Die größte Partei in Belgien - das sind nun mal die flämischen Nationalisten."
Auch von unabhängiger Seite versteht man durchaus, dass es in Flandern nicht zu solch spektakulären Aktionen wie in Katalonien kommt. Die Situation in Flandern sei halt anders als die in Regionen wie Katalonien oder Schottland, sagt Christian Behrendt, Verfassungsrechtler an der Universität in Lüttich. "In Katalonien kämpfen die Menschen erst noch für ein Referendum, in Schottland hat die britische Föderalregierung bereits ihr Einverständnis zu einem solchen Referendum gegeben."
Auf spektakuläre Aktionen der flämischen Nationalisten muss Belgien also verzichten - vorerst zumindest. Wer weiß, was die Wahlen im kommenden Mai mit sich bringen wird. Seinen Wahlsieg in Antwerpen hat N-VA-Chef Bart De Wever ja auch mit einem Fackelzug gefeiert. Durchaus spektakulär.
Bild: Quique Garcia (afp)