Pierre Piccinin, der 40-jährige Geschichtslehrer aus Philippeville bei Charleroi, ist am Montag nach fünfmonatiger Geiselhaft aus Syrien zurückgekehrt und behauptet, das Assad-Regime sei nicht für den Giftgasangriff vom 21. August verantwortlich. Das Außenministerium und die andere Geisel, ein italienischer Journalist, haben Zweifel an den Aussagen des Lehrers.
Seit Ausbruch des Arabischen Frühlings ist Pierre Piccinin wie besessen von dem Thema und reist immer wieder in Krisen-Länder. Alleine nach Syrien zog es ihn acht Mal. Das Außenministerium hatte ihn immer wieder vor diesen Aufenthalten gewarnt, weil sie zu gefährlich seien. Anfang April wird Piccinin zusammen mit einem Journalisten der italienischen Zeitung La Stampa - offenbar von islamistischen Rebellen - entführt. Italien hat wochenlang verhandelt und die beiden jetzt frei bekommen. Belgien hat nach eigenen Angaben kein Lösegeld gezahlt.
Umstrittene Persönlichkeit
Pierre Piccinin ist eine umstrittene Persönlichkeit, weil er noch vor einem Jahr nach einer Syrien-Reise vor dem Assad-Regime gewarnt hat und jetzt sagt er, die Rebellen stecken hinter dem Giftgasangriff.
Als Beweis für seine Aussagen führt er an, dass er und die andere Geisel während der brutalen Haft ein Gespräch zwischen drei Kommandeuren der Freien Armee, also von den Rebellen mitbekommen haben, in dem sie zugeben, dass die Aufständischen hinter dem Chemiewaffen-Angriff stecken. Sie hätten damit eine Reaktion der internationalen Gemeinschaft auslösen wollen. Das hat Piccinin den Kollegen der RTBF erklärt. Piccinin ist sich sicher, dass das Assad-Regime nicht hinter dem Angriff steckt.
Seine italienische Mitgeisel sieht die Geschichte mittlerweile anders. Der Journalist von La Stampa erklärt in einer schriftlichen Mitteilung, dass er so etwas nicht behaupten könnte. Das belauschte Gespräch habe nachts, im Dunkeln stattgefunden. Ohne zu wissen, wer genau die Kommandeure sind. Die Informationen ließen sich also nicht überprüfen. Das sei Wahnsinn so etwas zu behaupten, sagt der italienische Journalist.
Außenminister Didier Reynders gibt sich sehr vorsichtig bezüglicher dieser Vorwürfe. Erst müsse man die Angaben ganz genau überprüfen, bevor man irgendwelche Schlüsse ziehen kann, sagt er. Das sei eine Aufgabe für die föderale Staatsanwaltschaft, findet Reynders. Also sehr viel Zurückhaltung von offizieller Seite.
Bild: Dirk Waem (belga)