Für die Politiker hat der Wahlkampf begonnen. Diesen Eindruck hat das vergangene Wochenende vermittelt. Dabei schrecken auch die Parteien der Regierungskoalition nicht davor zurück, sich gegenseitig zu attackieren.
Didier Reynders zum Beispiel war nicht mit leeren Händen zur ersten Versammlung seiner Partei nach der Sommerpause gekommen. Er hatte ein Geheimnis mitgebracht: "Sagen Sie nicht weiter: Es wird Wahlen geben", verriet Reynders seinen Parteifreunden, und natürlich war das mit einem dicken Augenzwinkern begleitet. Denn dass es nächstes Jahr Wahlen geben wird, auf föderaler wie auf regionaler, ja sogar auf europäischer Ebene, das ist jedem politisch Interessierten schon seit Monaten klar.
Noch sind es gute neun Monate bis zu diesen Wahlen. Neun Monate - so lange, wie eine Schwangerschaft dauert - wie es die Zeitung La Libre Belgique am Montag ausdrückt. Um damit zu sagen: Viel kann noch geschehen, viel sich entwickeln.
Positionierungen für Abstimmung am 25. Mai 2014
Aber die Parteien haben jetzt schon damit begonnen, sich für die Abstimmung am 25. Mai 2014 zu positionieren. Worum es dabei geht und mit welchen Waffen gekämpft wird, das machten die beiden Parteiversammlungen der frankophonen Sozialisten und frankophonen Liberalen von Didier Reynders am Wochenende deutlich. Da geht es zunächst um die föderale Ebene. Ein Wahlsieg der flämischen Nationalisten von der N-VA soll um alles in der Welt verhindert werden. "Man müsse", so sagt es Premierminister Elio Di Rupo, "die Qualität der Arbeit der Regierungskoalition für die Bürger und die Unternehmen aufzeigen. Wenn das gelinge, dann würden die Bürger dieses Engagement auch an der Wahlurne belohnen." Vor allem in Flandern - sprich: vor allem dort, von wo aus die meiste Gefahr für eine Neuauflage einer Regierungskoalition um Elio Di Rupo droht.
Aber statt Einheit zu präsentieren bei dem Verkaufen der gemeinsamen Erfolge, drohen die Parteien der Föderalregierung sich untereinander zu zerfleischen - auch in Hinsicht auf die Regionalwahlen, die ja gleichzeitig stattfinden. Hier sucht jeder nach seinem eigenen Profil. Hier teilt man gerne aus, auch gegen den politischen Partner auf föderaler Ebene ein.
So spottete PS-Chef Paul Magnette zunächst über die politischen Ideen der liberalen MR: "Die Sommerpause", so Paul Magnette, "war vorbei, das Wetter schön, alle im Stimmungshoch", und da wurden über Radio und TV so manch wohlklingende "Ideen des Tages" verbreitet: Steuersenkung in Millionenhöhe, Schaffung von 100.000 enden von Arbeitsplätzen. Doch das seien Tag-Träumereien, hätten nichts mit der Realität zu tun. Sie, die Sozialisten, würden das machen, was die Bürger von der Politik erwarten: Nämlich seriöse Politik.
Die Antwort darauf ließ nicht lange auf sich warten: Einen Tag später schoss MR-Chef Charles Michel zurück: Die politischen Konzepte der PS seien nicht aufgegangen. Da könne er verstehen, dass die PS jetzt erst einmal versuche, auf die MR einzuschlagen. Wenn Paul Magnette von den "Tag-Träumen", wie er die MR-Ideen bezeichnet, nichts wissen wolle, dann wolle die MR nichts von den Soviet-Ideen Paul Magnettes und der sozialistischen Gewerkschaft wissen.
Der Ton ist also angespannt zwischen MR und PS. Und da ist es sicher im Sinne von Elio Di Rupo, dass in seiner Föderalregierung die beiden Parteichefs Michel und Magnette nicht aufeinandertreffen. Dort hat der Sozialist Di Rupo es "nur" mit Didier Reynders zu tun. Und der beschränkt sich bislang ja darauf, kleine Geheimnisse zu enthüllen.
Bild: Bruno Fahy (belga)