Am 9. November 1985 hatten die so genannten Killer von Brabant ein letztes Mal zugeschlagen. Es war die letzte Bluttat, die man der Bande zuordnen kann, und zugleich die brutalste: acht Tote, neun zum Teil schwer Verletzte.
Wieder waren die Täter am frühen Abend in einen Supermarkt gestürmt, schossen wild um sich und flüchteten mit einer Beute im Gegenwert von knapp 25.000 Euro. Knapp sechs Wochen zuvor, am 27. September, hatten sie gleich zwei Supermärkte auf die gleiche Art überfallen. Dabei waren insgesamt acht Menschen getötet worden.
Später konnte man einen Zusammenhang mit einer Serie von ähnlichen Aktionen herstellen, die zwei Jahre zuvor, 1982-83 für Angst und Schrecken gesorgt hatten. Weil sich die Tatorte größtenteils im Großraum Brüssel befanden, gab man der Bande den Namen "Killer von Brabant".
Christian De Valkeneer neuer Chef-Ermittler
30 Jahre später sind nach wie vor alle entscheidenden Fragen unbeantwortet. Und jetzt galt es zudem, ein personelles Problem zu lösen. Der zuständige Generalprokurator von Mons, Christian Michaux, geht im September in den Ruhestand. Stellte sich also die Frage: Wer soll den Mann ersetzen? Denn es ist klar: Wenn man jetzt einen Prokurator auf die Sache ansetzt, der die inzwischen quasi kilometerlange Akte nicht kennt, dann kann man sie gleich zuklappen.
Im Grunde gab es nur einen Kandidaten: Christian De Valkeneer, der als Prokurator des Königs von Charleroi lange zuständig war für die Ermittlungen. Allerdings ist De Valkeneer jetzt Generalprokurator von Lüttich.
Die Justizministerin Annemie Turtelboom höchstpersönlich hat jetzt aber eine Sondergenehmigung erteilt: De Valkeneer kann von Lüttich aus die Killer-Akte betreuen. Und er habe auch vor, das zu tun, sagte De Valkeneer in der RTBF. Hier gehe es nicht um eine Statisten-Rolle.
Er werde engen Kontakt halten mit dem Prokurator des Königs von Charleroi, Pierre Magnien, und verbürge sich dafür, dass er alles geben werde, damit die Akte vorankommt - weil er felsenfest davon überzeugt sei, dass die Ermittlungen eben nicht in einer Sackgasse stecken und dass man noch neue Elemente finden könne.
Ermittlungen möglicherweise manipuliert
Die Atmosphäre um die Ermittlungen ist äußerst vergiftet. Seit die Justizbehörden von Charleroi den Fall übernommen haben, haben die neuen Ermittler gewisse Ergebnisse überprüft und neue Suchaktionen durchgeführt. Dabei sind neue Erkenntnisse ans Licht gekommen, die zumindest befremdlich sind. So stellte sich jetzt heraus, dass einige zentrale Befunde falsch waren.
Der Waffenfund von 1986, der quasi die Visitenkarte der Täter darstellt, diese Entdeckung steht in einem neuen Licht. Es hat sich gezeigt, dass die Waffen nicht so lange im Kanal Brüssel-Charleroi gelegen haben können, wie man angenommen hat. Die Ermittler von Charleroi haben denn auch öffentlich den Verdacht geäußert, dass die Ermittlungen manipuliert gewesen sein könnten.
Diesen Schuh wollte sich das Vorgänger-Team aber nicht anziehen. Noch am Freitag veröffentlichte die Zeitung La Dernière Heure Ausschnitte aus einem Brief aus der Feder des ehemaligen Untersuchungsrichters von Dendermonde, Freddy Troch. Der wirft den Kollegen aus Charleroi klipp und klar Parteilichkeit vor. Die neuen Ermittler sähen nur, was sie sehen wollen. Was nicht ins Bild passe, werde ignoriert, zitiert La Dernière Heure aus dem Schreiben.
Retourkutsche einen Tag später in derselben Zeitung. Man könne die Kritik an dem heutigen Team nicht nachvollziehen. Ob da wohl jemand die Ermittlungen destabilisieren wolle? Da klingen die Aussagen von Justizministerin Turtelboom fast schon ironisch; die hatte noch vor einigen Wochen in der Kammer erklärt, es gebe keinen Krieg unter Justizbehörden.
In der Zwischenzeit tickt die 2015 läuft die Verjährungsfrist ab. Dass man bis dahin die Täter identifizieren, fassen und dann auch noch verurteilen kann, ist sehr unwahrscheinlich. Dass die Frist ein weiteres Mal verlängert wird, ebenso.
Bild: Nicolas Lambert (belga)