Die umstrittene Justizreform von Ministerin Annemie Turtelboom in Bezug auf Rechtsbeistand wurde vom Staatsrat ausgesetzt. Der Gesetzesentwurf muss demnach überarbeitet werden. Das bestätigte der Staatsrat.
Es geht um eine einvernehmliche Bezahlung der Pflichtverteidiger für Menschen, die sich aus finanziellen Gründen keinen Rechtsbeistand leisten können - die so genannten "Pro Deo"-Anwälte.
Ziel der Reform sollte sein, bei den Pflichtverteidigern Einsparungen bei der Bezahlung vorzunehmen - indem zum Beispiel Anwälte im Praktikum dazu verpflichtet werden, mindestens fünf Pro-Deo-Dossiers kostenlos anzunehmen.
Im Umkehrschluss wäre mit dem Entwurf der Rechtsbeistand Pro Deo nicht mehr automatisch kostenlos gewesen - jeder, der ihn in Anspruch nimmt, hätte einen Mindestbeitrag zahlen müssen. Die Anwaltskammern fürchten nun, dass der Gesetzesentwurf noch vor den Justizferien bis zum 21. Juli umgeschrieben wird - eine zu kurze Frist in ihren Augen.
Justizministerin Annemie Turtelboom kritisierte die Entscheidung des Staatsrates. Die vorgesehene Neuregelung, dass Bürger für ihren Pflichtverteidiger einen Mindestbeitrag zahlen müssten, verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Lediglich Beschuldigte in Strafsachen müssten von dieser Regelung ausgeschlossen werden.
Magistrate protestieren
Vor dem Justizpalast in Brüssel haben französischsprachige Magistrate und Anwälte gegen die Reform von Justizministerin Turtelboom protestiert. Außerdem begannen alle Sitzungen in der Wallonie und in Brüssel eine halbe Stunde verspätet oder wurden unterbrochen.
Justizangestellte und Anwälte wollten mit der Aktion ihren Unmut bezüglich der anstehenden Änderungen ausdrücken. Die Reform sieht ebenfalls vor, dass Magistrate an verschiedenen Gerichten eingesetzt werden können.
Auch die Magistrate am Gericht in Verviers legten die Arbeit für eine halbe Stunde nieder. Die Magistrate in Eupen schlossen sich dem Protest der frankophonen Kollegen nicht an. Sie sehen in der geplanten Justizreform eine positive Entwicklung für den Gerichtsbezirk Eupen.
Die flämischen Kollegen schlossen sich der Protestaktion nicht an, teilen aber die Bedenken der französischsprachigen Magistrate.
rtbf/rop/sd - Bild: Bruno Fahy (belga)