Das Sparbuch, des Belgiers liebstes Kind... Der Belgier ist traditionell ein emsiger Sparer. 240 Milliarden Euro liegen auf Sparbüchern in Belgien. Treffender wäre: Das Geld schlummert auf den Banken. Für das Phänomen gibt es verschiedene Ursachen. Eine davon ist Vorsicht. Vor allem in diesen Krisenzeiten ist es eben beruhigender, über eine finanzielle Rücklage zu verfügen.
Eine weitere Motivation, sein Geld auf dem Konto zu parken, das ist natürlich die Einlagengarantie: Für Guthaben bis 100.000 Euro bürgt im Ernstfall der Staat.
Noch ein Grund ist aber auch die Steuerbefreiung: Bis zu einem Zinsniveau von 1.880 Euro wird keine Mobilien- oder Quellensteuer fällig. 1.880 Euro Zinsen, die muss man erstmal haben. Bei den derzeit extrem niedrigen Zinssätzen bedeutet das im Wesentlichen, dass Ottonormalverbraucher eigentlich nie Quellensteuer zahlt.
Genau das könnte sich allerdings bald ändern. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich die derzeit praktizierte Regelung für illegal erklärt. Und zwar wegen Diskriminierung. Besagte Steuerbefreiung bis 1.880 Euro gilt nämlich nur für Konten in Belgien. Ein Steuerpflichtiger, der ein Konto im Ausland hat, der kommt nicht in den Genuss dieses Freibetrages.
Resultat: Die Regelung muss geändert werden. Hier gibt es allerdings mehrere Möglichkeiten, die sich zwangsläufig zwischen zwei Extremen bewegen müssen: Man kann die Steuerbefreiung ausweiten, eben auf ausländische Konten, oder sie auch gänzlich abschaffen.
Wie die Lösung aussehen wird, dass könne er im Moment nicht sagen, erklärte Finanzminister Koen Geens ungewöhnlich offen in der RTBF. Er könne nur begrüßen, dass die EU hier eine Debatte anstößt, Belgien dazu nötigt, seine Steuerpolitik auf Sparbücher zu überdenken. Einzig der Zeitpunkt sei unglücklich, nämlich: ein Jahr vor einer wichtigen Wahl.
Man ahnt es schon: Ohne die Wahlen im Nacken täte Geens wohl nichts lieber, als die Steuerbefreiung gänzlich abzuschaffen. Das hatte er im Grunde auch vor einigen Wochen schon in einem Interview angedeutet, bevor er dann von der eigenen Partei zurückgepfiffen wurde.
Künftig Quellensteuer?
Die Frage bleibt dennoch im Raum: Müssen brave Sparer jetzt damit rechnen, dass künftig Quellensteuer auf ihre Sparguthaben erhoben wird? Bezeichnenderweise sagt in diesem Zusammenhang im Augenblick niemand, was Sache ist. Die PS-Senatorin Marie Arena gibt das sogar offen zu: "Sie werden heute keine klare Antwort auf die Frage hören", sagt Arena in der RTBF. Ganz einfach, weil es noch keine gibt. Finanzminister Geens arbeite an einem Vorschlag. Doch sei es wichtig, dass der ausgewogen sein müsse.
Auch die MR-Föderalministerin Sabine Laruelle weicht der Frage aus. Nur so viel: Es sei wichtig, die Sparer zu beruhigen, ihnen zu versichern, dass man ihre Kaufkraft nicht antasten werde.
Doch warum wird die Steuerbefreiung bis 1.880 Euro plötzlich allgemein zumindest infrage gestellt? Will man sich jetzt -koste es, was es wolle- auch noch den kleinen Sparer vorknöpfen, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen? Wenn überhaupt, dann stimmt das nur halb.
Die Regierung stößt sich vielmehr an der Tatsache, dass das Geld auf den Konten eben schlummert.
Archivbild: Bruno Fahy (belga)