An der EU-Kommission scheiden sich die belgischen Regierungs-Geister. Die OpenVLD ist zufrieden und fordert neue Strukturreformen, um Belgien gewappnet für die Zukunft zu machen. "An die Arbeit!", sagt der liberale Vizepremier Alexander De Croo und wertet diese als Ermutigung.
Die PS hingegen sieht Gefahren in all zu viel Reformdrang: Der Sozialstaat stehe auf dem Spiel. "Die Empfehlungen der Kommission würden unser Sozialmodell untergraben", sagte PS-Chef Paul Magnette. Laut Magnette werden mit der Entscheidung die sozialen Grundpfeiler des Landes erneut in Frage gestellt.
Und das sind die Empfehlungen der EU-Kommission für Belgien: Der Index muss angepasst, die Lohnkosten gesenkt, die Frührente abgeschafft und das Steuersystem reformiert werden. Auch in Sachen Umwelt rät die Kommission zu Veränderungen, unter anderem bei den Firmenwagen und der Besteuerung von Diesel-Kraftstoff. In Sachen Haushalt muss ebenfalls nachgebessert werden. Dieses Jahr muss das Defizit weniger als drei Prozent betragen, 2015 muss der Etat im Gleichgewicht sein. Heißt konkret: Belgien muss zusätzlich vier Milliarden Euro einsparen. Die OpenVLD und die N-VA, in der Opposition, drängen auf eine rasche Haushaltskontrolle, noch vor der Sommerpause.
Unklar ist derzeit auch noch, welchen Anteil neben dem Föderalstaat auch die Gemeinschaften und Regionen bei den Sparanstrengungen leisten müssen.
Vande Lanotte: Strukturelle Maßnahmen für Belgien notwendig
Der Vize-Premier der flämischen Sozialisten und frühere Haushaltsminister Johan Vande Lanotte hält strukturelle Sparmaßnahmen in Belgien für notwendig, warnt jedoch zugleich davor, dass zu viel Sparen das Wachstum hemmen könne. Arbeitsplatzverluste und Jugendarbeitslosigkeit seien die Folge. Das sagte er am Donnerstagmorgen in einem Interview mit dem flämischen Rundfunk.
Johan Vande Lanotte sehe ein, dass die Schuldengrenze von drei Prozent, die von der EU-Kommission auferlegt wird, eingehalten werden müsse. Europa müsse aber auch endlich Abstand nehmen von einer einseitigen Sparpolitik.
Hollande : "Brüssel hat Frankreich nichts zu diktieren!"
Die EU-Kommission hat insgesamt sechs Länder zu Reformen aufgefordert, darunter Frankreich. Präsident François Hollande reagierte scharf. Sein Land verbiete sich eine Einmischung der EU-Kommission in die Finanzpolitik. Frankreich lasse sich nicht diktieren, was es zu tun habe. Über den Weg aus der Krise bestimme Paris selbst, sagte Hollande.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone kämpft gegen Rekordarbeitslosigkeit, Staatsverschuldung und fehlende Wettbewerbsfähigkeit.
afp/belga/vrt/alk/jp - Bild: Virginie Lefour (belga)
Erstaunlich, dass die Empfehlungen der Kommission anscheinend noch für einige eine Überraschung sind. Angesichts der extrem teuren Lohnkosten, des ungerechten Steuersystems, des Verkehrsinfarktes und der strukturellen Haushaltsprobleme ist es ist absolut unverständlich, dass sich ein Teil der politischen Klasse (oder des Landes?) weiter gegen Reformen sperrt. Offensichtlich ist immer noch nicht klar, wie erst es um die wirtschaftliche Lage der Bananenrepublik Belgien ist.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann vom Intellekt eines Magnette wirklich glaubt, ohne solche Maßnahmen auskommen zu können. Bei den Kaviarsozialisten habe ich ohnehin oft den Eindruck, dass sie gezielt nur für ihre "Kundschaft" Positionen vertreten, an die sie selber nicht glauben.