Die EU-Kommission sieht von einem Defizitverfahren gegen Belgien ab. Derzeit sehe er keinen Grund, ein Strafverfahren gegen Belgien einzuleiten, sagt Wirtschaftskommissar Oli Rehn. Damit ist die Geldstrafe von bis zu 750 Millionen Euro erst mal vom Tisch, Belgien kommt mit einem blauen Auge davon.
Als einziges der 27 EU-Länder hatte Belgien die mit Europa abgesprochenen Budget-Ziele nicht einhalten können. Das Problem: 2010 und 2011 waren von der Regierungskrise geprägt, die nötigen Maßnahmen wurden ausgestellt. Im vergangenen Jahr schlug die Dexia-Rettung zu Buche.
Ergebnis: Das Loch im Etat war mit 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich höher als die erlaubten drei Prozent. Das muss sich nun ändern. Oberste Priorität für die EU-Kommission hat der folgende Zeitplan: Der laufende Haushalt muss weniger als drei Prozent Defizit aufweisen, im kommenden Jahr höchstens 1,2 Prozent und 2015 muss Belgien wie geplant einen ausgeglichenen Etat vorweisen.
Die EU-Kommission rät Belgien auch zu Reformen. Die hohen Lohnkosten müssten gesenkt und die Frührente abgeschafft werden. Außerdem in der Kritik: die private Nutzung von Firmenwagen und die zu niedrige Besteuerung auf den umweltschädlichen Diesel-Kraftstoff.
Die Regierung reagierte erleichtert. Finanzminister Koen Geens ist zufrieden, dass es keine Geldstrafe gibt und er verspricht, die vereinbarten Haushaltsziele jetzt auch einzuhalten. Die größte Oppositionspartei N-VA rief die Regierung auf, noch vor der Sommerpause eine Haushaltskontrolle durchzuführen.
Belgien habe von der EU eine Nachprüfung bekommen - und dafür gelte es, etwas zu tun. So oder so wird Belgien der Kommission spätestens Ende September erklären müssen, welche Maßnahmen es ergreift, um die Ziele einzuhalten.
Weitere Staaten erhalten mehr Zeit zum Sparen
Belgien ist nicht das einzige EU-Mitgliedsland, dem etwas mehr Spielraum eingeräumt wird. Die EU-Kommission will den Spardruck auf viele krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten lockern. Die Kommission schlug vor, Frankreich noch bis 2015 Zeit zu geben, seine Neuverschuldung unter die eigentlich zulässige Grenze von drei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts zu senken. Im Gegenzug müsse die Regierung in Paris allerdings eine Rentenreform auf den Weg bringen und weitere Forderungen erfüllen. Dazu gehören der Abbau der Jugendarbeitslosigkeit und eine Vereinfachung des Steuersystems.
Auch andere Krisenstaaten wie Spanien, Portugal und Slowenien sollen mehr Zeit zum Sparen erhalten. Italien sowie vier weitere Länder, die nicht zum Euroraum gehören, sollen ganz aus dem Defizitverfahren entlassen werden. Dies bedeutet, dass diese Länder nicht mehr mit Geldbußen rechnen müssen. Die Entscheidung darüber, ob die Lockerungen in Kraft treten, liegt aber beim EU-Finanzministerrat.
belga/dradio/alk/mh - Bild: Dirk Waem (belga)