Eine blühende Wirtschaft - Belgien würde sich das wünschen. Doch da, wo es gut läuft in der Wirtschaft, da sind die Politiker nicht wirklich glücklich mit den Ergebnissen.
Einer der bekanntesten Spezialisten für Schattenwirtschaft ist Professor Friedrich Schneider von der Universität Linz in Österreich. Er hat jetzt einen neuen Bericht vorgelegt, mit Zahlen für das laufende Jahr. Demnach kann der belgische Fiskus damit rechnen, dass ihm rund 63 Milliarden Euro im Jahr 2013 wegen Schattenwirtschaft durch die Lappen gehen.
Gut 16 Prozent des Bruttoinlandproduktes werden in diesem Jahr in Belgien am Fiskus vorbei erwirtschaftet, sei es durch Steuerbetrug, Schwarzarbeit und Schmuggel, aber auch Nachbarschaftshilfe beim Häuserbau, Sozialabgabenhinterziehung, Drogenhandel und Prostitution. Zum Vergleich: In Deutschland beläuft sich der Anteil der Schattenwirtschaft auf 13 Prozent des Bruttoinlandproduktes, in Frankreich und Großbritannien auf zehn, in den Niederlanden auf neun Prozent.
Schlechter als Belgien schneiden hingegen die Länder in Süd- und Osteuropa ab. Spitzenreiter der Statistik ist Bulgarien mit geschätzten 30 Prozent Schattenwirtschaft. In den südeuropäischen Ländern sind die Werte nicht ganz so hoch, nehmen aber wieder deutlich zu. Portugal, Spanien, Italien und Griechenland, die europäische Sparpolitik, unter der diese Länder zurzeit leiden, scheint viele Menschen wieder zu illegalem Wirtschaftstreiben zu verleiten.
Vier Gründe für illegale Wirtschaftsaktivitäten
Interessant sind dafür die vier Gründe, die Professor Schneider als größte Motivation für illegale Wirtschaftsaktivitäten nennt. An erster Stelle führt er eine hohe Steuerlast an. Je höher sie sei, desto größer sei die Lust der Menschen, diese Steuer zu umgehen. Punkt zwei ist die Chance, erwischt zu werden. Liegt sie niedrig und sind die Strafen nicht streng, so sind das Anreize für illegales Handeln. Punkt drei ist das Vertrauen in die Leistungen der öffentlichen Hand: Seien sie gut, würde das die Bereitschaft zum Betrug mindern. Und als letzten Grund nennt der Professor das Bargeld. Je mehr Bargeld benutzt wird, desto leichter sei es, illegale Geschäfte zu betreiben, denn der Austausch von Bargeld hinterlässt im Gegensatz zum Austausch von Geld über Bankkonten keine Spuren. Das wird von den Finanzinstituten dokumentiert und gut arbeitende Behörden können Betrügern auf die Schliche kommen. "Bargeld ist der Brennstoff der Schattenwirtschaft", sagt dazu Professor Schneider.
Zumindest in diesem Punkt, der Einschränkung des Zahlens mit Bargeld, gehört Belgien zusammen mit Frankreich zu den Vorreitern in Europa. Seit 1993 sind Bargeldzahlung von über 15.000 Euro in Belgien verboten. Der aktuelle Staatssekretär für Betrugsbekämpfung, der flämische Sozialist John Crombez, hat den Betrag schon auf 5.000 Euro heruntergesetzt und legt noch nach: Ab 2014 dürfen Barzahlungen nur noch einen Wert von 3.000 Euro besitzen. Sowohl Güter als auch Dienstleistungen sind davon betroffen.
In Frankreich und Italien haben die zuständigen Ministerien schon angekündigt, bald die Grenze auf 1.000 Euro herabzusetzen.
Das ist für Crombez in Belgien noch zu früh. Man solle erst abwarten, welche Ergebnisse mit den neuen Obergrenzen erzielt werden. Der Rückgang der Schattenwirtschaft in diesem Jahr sei schon einmal ein gutes Zeichen. Jetzt müsse geschaut werden, ob der Trend sich fortsetzen wird.
Archivbild: Herwig Vergult (belga)