Sein Urahn, Leopold der Erste, hätte sich vielleicht doch für die griechische Krone entscheiden sollen... Naja, oder vielleicht doch nicht... Jedenfalls: Albert der Zweite dürfte manchmal mit seinem Schicksal hadern.
Man sagt, er sei müde, amtsmüde. Er ist schließlich fast 80 Jahre alt, und hat - das darf man wohl behaupten - den stressigsten Monarchenjob in Europa. Wie neidisch muss König Albert denn auch auf die Kollegin Beatrix in Holland geblickt haben, die "mal eben so" abdankt, und dem Land damit auch noch ein rauschendes Fest spendiert.
Welch ein Kontrast mit Belgien! Wie schwarze Gewitterwolken werfen die Wahlen 2014 nämlich schon drohend ihre Schatten voraus. Damit verbunden: die Angst vor einem Remake der politischen Existenzkrise, einem neuen Rosenkrieg zwischen Flamen und Frankophonen.
"Das schaffen wir nur mit dem erfahrenen Albert", sagen viele. Und entsprechend wird der König anscheinend hinter den Kulissen regelrecht bearbeitet, damit er doch noch ein bisschen bleibt.
Das hat auch mit der Persönlichkeit seines Nachfolgers zu tun: Prinz Philippe ist, gelinde gesagt, "nicht unumstritten". Nicht nur, dass sein Auftreten - im Gegensatz zum Ex-Kollegen Thronfolger Willem-Alexander - alles andere als souverän ist, auch im Sinne von "königlich". Nicht nur, dass er schüchtern ist, unbeholfen wirkt, geradezu tumb. Man spricht ihm zudem ausreichende intellektuelle Fähigkeiten ab. Ob nun zu Recht oder zu Unrecht…
Das Problem mit Philippe ist aber, dass so mancher dem Prinzen gar nicht erst die Chance geben will, die Welt davon zu überzeugen, dass er es "doch" kann. Und das hat zur Folge, dass der Fokus weiterhin auf König Albert gerichtet ist, als gäbe es kein Morgen.
Frage nach der Nachfolge
Hier allerdings macht ein ganzes Land den Vogelstrauß: Die Frage nach der Nachfolge für König Albert den Zweiten wird sich zwangsläufig stellen, eher früher als später.
Einmal angenommen, Albert wäre wirklich amtsmüde, dann hat sich in den letzten Jahren der politischen Dauerkrise nicht wirklich ein günstiges Zeitfenster aufgetan. Doch! Im Grunde ist eins noch einen Spalt weit offen, das im "hier und jetzt"! Es halten sich denn auch hartnäckige Gerüchte, der König könnte zur Rede am Nationalfeiertag, also im Juli, seinen Thronverzicht bekanntgeben. Der Thronwechsel würde dann im Herbst erfolgen. Für den neuen König Philippe bliebe dann gerade noch genug Zeit, sich als Staatsoberhaupt zu etablieren. Das wäre zwar eine Lastminute-Lösung, mit Blick auf die Wahl 2014 aber erstmal der letztmögliche Termin. Ansonsten müsste Albert abwarten, bis die neue Regierung steht - und das kann lange dauern, mitunter sehr lange.
Doch auch wenn der König sein Amt mit der ihm innewohnenden Gewissenhaftigkeit sozusagen bis zum bitteren Ende ausfüllen will, so bleibt die Feststellung, dass auch er nicht unsterblich ist.
Eins muss klar sein: So anachronistisch eine erbliche Monarchie auch anmuten mag: In Belgien geht es nicht ohne König. Wer sollte denn sonst Staatsoberhaupt werden? Ein Präsident hat immer einen Sprachenstempel. Thema erledigt!
Was für ein König?
Die Frage, die sich so mancher stellt, lautet denn auch vielmehr: Wenn schon, dann was für ein König? Besser gesagt: Welche Macht soll das Staatsoberhaupt haben?
Da hört man gerne die Forderung nach einer rein protokollarischen Monarchie: Ein König, der also allenfalls noch Kindergärten einweiht, ein Blumentopf mit Krönchen…
Klingt modern, nach dem Motto: "Alle Macht dem Volke". Schön und gut, das ist aber - wieder mal in Belgien - nicht praktikabel. Der König an sich hat doch eigentlich längst keine wirkliche Macht mehr. Wenn er Akzente setzt bei der Bildung einer Regierung, dann werden ihm seine Entscheidungen im Wesentlichen vorgeflüstert, suggeriert. Im Umkehrschluss: Es wird doch niemand ernsthaft glauben, dass König Albert und sein Stabschef Jacques van Ypersele de Strihou eigenmächtig Premierminister einsetzen, dass sich die Parteien die Zusammenstellung der Regierung von einem einzigen Mann vordiktieren lassen. Und so dumm wäre auch kein König, nicht im 21. Jahrhundert.
Für die Parteien entspricht die Rolle des Königs vielmehr der eines Pausenknopfes. "Gehen Sie zurück auf Los", heißt es bei einem bekannten Brettspiel: In Belgien ist das eben "der König". Der "Gang zum König" sorgt für eine Verschnaufpause. Die Wogen glätten sich. Natürlich ist es nicht so, als würde der König hier gar nicht aktiv. Seine Rolle ist eine väterliche, die eines Psychologen, der in Einzelgesprächen versucht, zu ergründen, woran es hapert. Im Endeffekt müssen sich die Politiker aber selbst therapieren.
Problem mit Rolle des Königs
Entscheidend ist aber vor allem ein Punkt mit erheblichem Symbolcharakter: Wenn es einen Knall gibt, dann folgt dem nicht ein Vakuum. Dann heißt es lapidar: "Der König hat seine Entscheidungsfindung noch nicht abgeschlossen". Wenn dann quasi rund um die Uhr die Bilder vom Palast über die Fernsehschirme flimmern, dann bedeutet das nur: "Es geht weiter".
Genau deswegen haben denn auch gewisse Leute ein Problem mit der Rolle des Königs: Man will letztlich den Schiedsrichter vom Feld verbannen. Ein König, der nur Bändchen durchschneidet, der trifft keine Entscheidungen. Und dann ist es viel leichter, ein Patt quasi in Beton zu gießen, nach dem Motto: "Wir finden keine Regierungsmehrheit, das Land funktioniert nicht mehr". Peng!
Nun gut: Man kann, man darf dennoch nicht leugnen, dass die Frage nach der zukünftigen Rolle der Monarchie im Raum steht. Und es ist von entscheidender Bedeutung, dass man sich nicht der Diskussion verweigert. Steht der Thronwechsel einmal an, dann ist es zu spät. Man kann keinem König die Flügel stutzen, wenn er schon im Amt ist. Dann wäre seine Glaubwürdigkeit nämlich endgültig dahin, das gilt erst recht für Philippe.
Die Frankophonen könnten denn auch mal wieder den gleichen Fehler machen wie noch vor fünf Jahren, als man von einer neuen Staatsreform nichts wissen wollte. Indem sie ungemütliche Diskussionen im Keim abwürgen, machen sie das Ganze nur noch schlimmer. Entweder, wir reden jetzt über die künftige Rolle des Königs -und das kann ja ergebnisoffen erfolgen, oder wir stecken den Kopf in den Sand, riskieren damit aber eine neue Königsfrage…
vielleicht verhindert der könig auch nur schritte die schon lange nötig sind?
muss man wirklich ein land zusammenhalten, das nur sehr schlecht zusammen passt?
wenn nur noch der könig das land kitten kann. dann stimmt doch was nicht.
Natürlich ist nichts "für die Ewigkeit" konstruiert, denn alle Dinge ändern sich bekanntlich.
Aber ist es wirklich nur der König, der das Land kittet? Sind es nicht auch die Menschen, die sich auch ein bisschen belgisch fühlen? Gibt es nicht bei allen Gegensätzen auch noch Gemeinsamkeiten?
Und welche Alternativen gibt es? Flandern selbstständig, die Wallonie ebenfalls oder etwa zu Frankreich, die DG heim nach Deutschland? Ist das dann die Lösung aller Probleme? Fliessen dann Milch und Honig von den Bäumen?
Natürlich haben alle die Wahlen 2014 im Hinterkopf und es wäre schön, wenn alles einfacher wäre. Ob die Abschaffung der Monarchie aber wirklich alles einfacher macht wage ich zu bezweifeln. Denn eines ist klar: ohne König kein Belgien. Und das wäre ein hoher Preis für alle.
Die Wallonie zu Frankreich ?? Die allermeisten wallonischen Minister hätten bei einer Eingliederung in die Grande Nation allenfalls die Chance, "sous-préfet" zu werden! Schon allein deswegen werden sie sich dafür einsetzen, dass Belgien noch lange (über)lebt.