Femen ist eine neue Gruppe von Feministinnen, die sich 2008 in der Ukraine gegründet, und deren Ableger jetzt Belgien erreicht hat. Neun junge Frauen sollen es sein, die laut Zeitungsberichten Femen Belgien zurzeit bilden. Noch sind es nur frankophone Frauen, doch bald soll schon die Sprachgrenze zu Flandern überwunden werden, so lässt sich eine der Aktivistinnen in der Zeitung Le Soir heute zitieren.
In ihrer Heimat, der Ukraine, sind Femen dagegen längst etabliert. Sie gründeten sich als Protestbewegung. Denn junge Frauen hatten in der Ukraine keine Stimme. Die Macht der Kirche und der patriarchalen Gesellschaft war zu groß, so berichten es die Gründungsmitglieder. Der Protest richtete sich auch gegen den Umgang mit Frauen als Ware, als Prostituierte.
Dass Femen dann den weiblichen Körper selbst als Mittel im Protest benutzte, war laut Inna Shevshenko, einer der Gründerinnen von Femen, zunächst nicht beabsichtigt. Doch niemand habe sie zur Kenntnis genommen, als sie einfach nur diskutieren wollten, selbst als sie geschrien hatten. Dann hätten sie sich einmal ihre Oberbekleidung vom Körper gerissen - und die Aufmerksamkeit war da. Am nächsten Tag seien die Medien voll gewesen von den Ukrainischen Frauen, die in einer Sprache sprechen, die weltweit verstanden wird.
Mittlerweile gibt es Femen in gut zehn europäischen Ländern. Der Grundgedanke, nämlich der Feminismus, ist überall der gleiche. Nur die Situation, in der der Protest geäußert wird, ist unterschiedlich. Und das ruft auch die Kritik in Belgien bei der Aktion gegen Erzbischof Léonard hervor. Denn in der Ukraine oder anderen osteuropäischen Ländern können Beobachter es einfacher verstehen, dass die Frauen zu extremen Mitteln greifen, um auf sich aufmerksam zu machen. Eben: Sich barbusig und mit Slogans auf den Brüsen protestierend in die mediale Öffentlichkeit zu begeben. Die Gesellschaften im Osten seien noch nicht so offen und tolerant, wie in den meisten westeuropäischen Ländern.
In Belgien aber sei das anders. Und gerade die Diskussion mit dem Erzbischof in einem Raum der Freien Universität Brüssel, die als Ort des Dialogs bekannt ist, sei ganz unpassend gewesen für die Aktion, meint der Diskussionspartner von Erzbischof Léonard, Guy Haarscher, Honorarprofessor der Universität. Er sollte als Gegenpol zu den Meinungen des Kirchenmannes auftreten. Haarscher unterstützt Femen seit Beginn, verurteilt die Aktion in Brüssel jedoch scharf. Es ging hier, sagt der Professor, nicht einfach nur darum zu schreien und die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sondern hier wurde ein alter Mann mit Wasser bespritzt, er wurde angegriffen, zum Opfer gemacht, und das wirft ein schlechtes Bild auf die ganze Bewegung.
In diese Richtung gehen auch viele Kommentare in den Tageszeitungen. Manche stellen dann sogar die ganze Femen-Bewegung in Frage. Und im flämischen Fernsehen sagte der Chefredakteur des Männermagazins P-Magazine, Jeroen Denaeghel, dass seiner Meinung nach die Frauen von Femen nur geldgierig seien.
Tatsächlich verkaufen Femen per Internet Artikel wie zum Beispiel T-Shirts, Baseball-Kappen oder Trinkbecher über ihre Seite im Internet. Aber Profit-Streben, das weist Inna Shevshenko von sich. Die Gruppe habe kein großes Budget, sie brauche auch nicht viel, nur Farbe, Papier, einen Blumenkranz für den Kopf, und manchmal Geld für Fahrkarten, um zu einer Aktion fahren zu können.
Bild: Benoit Doppagne (belga)