Heftige Kritik übt auch der SP-Regionalabgeordnete Edmund Stoffels.
Grüne Zertifikate sind die Geister, die die Regierung der Wallonischen Region rief und jetzt nicht mehr los wird. Weil die versprochenen Fördersummen mit über 2,5 Milliarden Euro nicht mehr zu stemmen sind, will die Wallonische Regierung die Förderregel rückwirkend ändern. Dagegen bildet sich Widerstand. So hat die MR als Oppositionsfraktion in Namur rechtliche Schritte angekündigt.
Sobald die rückwirkende Förderkürzung rechtsgültig in Schriftform vorliegt, sollen Anwälte im Auftrag der Liberalen eine Klage vorbereiten. Aber schon jetzt können Bürger gegen das Vorhaben etwas unternehmen, meint Willy Borsus, der Fraktionsvorsitzende der MR im Wallonischen Regionalparlament, im Gespräch mit dem BRF.
"Jeder kann rechtlich gegen die Entscheidung der Regierung vorgehen. Es haben sich dazu bereits Interessengruppen gebildet, denen man sich anschließen kann. Die Organisation 'Touche pas à mes certificats verts' wäre nur ein Beispiel. Natürlich kann auch jeder einen eigenen Anwalt beauftragen. Massiver Protest per Email an die Regierung ist auch eine Möglichkeit, sich zu wehren und zu sagen, dass diese Entscheidung nicht richtig ist", so Willy Borsus.
"Wir glauben, dass es zur rückwirkenden Förderkürzung Alternativen gibt, um nicht das Portemonnaie des Verbrauchers zu belasten. So könnte man die Grünen Zertifikate für die Windkraft zurückfahren. Die Windkraft profitiert erheblich von diesem Fördersystem. Nimmt man hier Grüne Zertifikate weg, würde das den Markt für Zertifikate entspannen", erklärt Borsus.
"Es gibt in der Angelegenheit mindestens drei Opfer: Den Verbraucher, der über die Stromrechnung die Zeche zahlt, die 100.000 Haushalte, die im Vertrauen auf die Wallonische Region in Photovoltaik investiert haben, und die Photovoltaik-Unternehmen mit ihren Beschäftigten. Deren Arbeitsplätze werden nun bedroht. Daher gilt es, die Entscheidung der Förderkürzung schnellstmöglich zurückzunehmen."
Zweifel bei der Wallonischen Regierung
"Innerhalb der Regierungskoalition gibt es Spannungen und Zweifel", fährt Borsus im BRF-Interview fort. "Das sieht man daran, dass sie selbst spezialisierte Anwälte prüfen lassen will, inwieweit die Entscheidung anfechtbar ist. Ich appelliere daher an den Ministerpräsidenten und die gesamte Regierung, sich mit den Betroffenen und der Opposition zurück an den Tisch zu setzen und nach einer alternativen Lösung zu suchen."
"Ich würde nicht sagen, dass ich große Hoffnung habe, dass die Entscheidung noch gekippt wird. Aber angesichts der Wut der Bevölkerung, die der Regierung entgegen schwappt, glaube ich nicht, dass sie dem standhält. Schauen wir auf die praktische Umsetzung. Die Region muss nun 100.000 Haushalte anschreiben, sie anhören, auf Beschwerden eingehen und viele Einzelfälle genau unter die Lupe nehmen. Da wird sie auf etliche Schwierigkeiten stoßen."
"Ich habe ausgerechnet, dass alleine mit dieser Arbeit 50 Personen zwei Jahre lang beschäftigt wären. Das ist quasi nicht machbar. Und das alles, um am Ende nur Vertrauen zu zerstören. Daher mein nachdrücklicher Appell an die Regierung, das Vorhaben zu überdenken."
Stoffels nennt Kürzung der Fördergelder "Schweinerei"
Der deutschsprachige Regionalabgeordnete Edmund Stoffels nannte die rückwirkende Kürzung von Fördergeldern eine „Schweinerei" - dabei ist es seine Regierung, die dies durchsetzen will. Stoffels berichtet von vielen verunsicherten Bürgern, die ihn kontaktierten. Er selbst habe immer wieder alternative Vorschläge eingebracht, wie die Energiewende anders finanzierbar sei, so Stoffels.
Karikatur: Valentine Lilien
Heutzutage wird der Sparer mit "grünen Zertifikaten" und anderen "Sparprodukten" zum Narren gehalten, früher mit Kriegsanleihen und schlechten Goldmünzen. Die Methoden ändern, aber der Sparer bleibt immer der dumme.