Paul Magnette vergleichen einige gerne mit Bart De Wever. Beide Politiker sind etwa gleich alt (Anfang 40), beide stehen den größten Parteien ihrer Landesteile vor - Magnette der PS, De Wever der N-VA, beide sind seit kurzem Bürgermeister der größten Städte ihrer Regionen - Magnette in Chareroi, De Wever in Antwerpen.
Doch politisch sind die beiden quasi Gegenpole. Deshalb erstaunt es umso mehr, dass Magnette jetzt mit einer Aktion aufwartet, die man eher dem Polit-Kollegen Bart De Wever zugemutet hätte: Nämlich Aufräumen in seiner Stadt.
Über 100 Polizisten waren am Montag im historischen Zentrum der Stadt im Einsatz. Die "Ville-Haute" ist seit mehreren Jahren heruntergekommen und hat sich zu einem Problemviertel entwickelt. "Die Zustände sind unhaltbar geworden. Die Straßen sind unsicher und dreckig", sagt eine alt eingesessene Bewohnerin. "Ab 18 Uhr kommen komische Gestalten wie Küchenschaben aus ihren Löchern heraus und verkaufen Drogen."
Personen und Geschäfte überprüft
Der Polizeieinsatz am Montagabend bestätigte dieses Bild zumindest in Teilen. Das Viertel wurde abgeriegelt, 78 Autos und 80 Personen kontrolliert. 55 Strafzettel verteilten die Ordnungshüter, 19 Festnahmen gab es. Die Staatsministerin für Einwanderung, Maggie De Block, hatte in Absprache mit der Ausländerbehörde eigens für diesen Einsatz Zellen frei räumen lassen. Fünf Personen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung für Belgien den Behörden wegen Drogendelikten bekannt waren, wurden festgenommen. Sie sollen abgeschoben werden.
Auch die Geschäfte wurden kontrolliert. Die Bilanz vom Leiter der Arbeitsaufsichtsbehörde von Charleroi, Charles-Eric Clesse, spricht für sich: Von den 15 kontrollierten Geschäften gab es bei zehn etwas zu bemängeln. Drei wurde geschlossen, 20 Anzeigen ausgestellt. Unter anderem entdeckten die Kontrolleure Arbeitslose bei bezahlter Arbeit, eine Gruppe von nicht behördlich gemeldeten Arbeitnehmern und einen Energiebetrugsfall. Mehrere Energiezähler wurden sichergestellt.
Viertel sollen wieder lebenswert werden
Einsätze wie diese sollen in Charleroi ab sofort die Regel werden. Alle 14 Tage sollen sie stattfinden. Das Ziel: Die betroffenen Viertel sollen wieder lebenswert werden, für alle Bürger, die in ihnen wohnen. So stellt es Paul Magnette da, der hinter dieser Aktion steht. "Wenn man ein Viertel neu beleben will, muss man zunächst Ordnung schaffen und daran erinnern, dass es Regeln gibt, an die sich alle zu halten haben. Denn wenn das Gefühl vermittelt wird, dass es zwar Regeln gibt, aber jeder trotzdem machen kann, was er will, kann man alle Projekte für das Viertel vergessen", begründet Magnette den Vorstoß.
In Charleroi würden viele das Gefühl der Straffreiheit empfinden. Damit solle jetzt Schluss sein - ein Diskurs, den man eher aus dem Mund eines Bart De Wevers erwarten würde. Aus dem Mund eines Nationalisten, der öfter schon mal von Recht und Ordnung spricht, nicht aus dem eines Sozialisten. Paul Magnette stört das nicht, im Gegenteil. Er verteidigt seinen Standpunkt: Selbst wenn man links sei, muss man akzeptieren, dass Sicherheit eine grundlegende Notwendigkeit ist, wenn man möchte, dass vernachlässigte Stadtviertel wieder mit Leben erfüllt werden.
Archivbild: Bruno Fahy (belga)