Bislang war es so: Wer in eine Photovoltaik-Anlage investiert hatte, dem griff die Wallonische Region unter die Arme. Und zwar in Form von "Grünen Zertifikaten". Das Volumen berechnet sich aus der Menge Strom, der über die Solarpaneele produziert wird. Diese Grünen Zertifikate kann man später zu Geld machen. Um den Haushalten Planungssicherheit zu geben, garantierte die Wallonische Region einen Mindestpreis: 65 Euro pro Zertifikat.
So wollte es das Programm "Solwatt" der wallonischen Region vor knapp fünf Jahren. 65 Euro pro Zertifikat, für viele Haushalte war das ein lukratives Angebot. Denn nimmt man einen Taschenrechner zur Hand, dann stellt sich schnell heraus: Über besagte "Grüne Zertifikate" hat man die Investition im Durchschnitt innerhalb von vier bis fünf Jahren schon amortisiert.
Bei einer Lebensdauer der Anlage von etwa 15 bis 20 Jahren würde also unter dem Strich noch einmal mindestens das Doppelte der Ursprungsinvestition herausspringen. Mindestens. Eine solche Rendite gab es nicht mal in Zypern ...
Opfer des eigenen Erfolges
Kein Wunder also, dass Solwatt einen Bombenerfolg wurde. Und die Wallonische Region das Opfer eben dieses Erfolgs. Das Problem: Wegen der enormen Nachfrage gab es auf dem Markt bald Grüne Zertifikate wie Sand am Meer - der Preis rutschte in den Keller und die Wallonische Region musste immer mehr zahlen, um den garantierten Mindestpreis von 65 Euro halten zu können. Ein Schneeball, der mittelfristig enorme Proportionen angenommen hätte. Schätzungen zufolge hätten die Grünen Zertifikate die Wallonische Region am Ende 2,5 Milliarden Euro gekostet.
Der Regionalregierung blieb also nichts anderes übrig, als die Handbremse zu ziehen. Und je länger man in Namur zögerte und zauderte, desto mehr Gerüchte schossen ins Kraut. Von einer Senkung des Preises für Grüne Zertifikate von 65 auf 40 Euro war die Rede, ebenso wie von der Einführung einer Sondersteuer auf Sonnenpaneele.
Jetzt ist entschieden: Es bleibt bei den garantierten 65 Euro je Zertifikat. Allerdings nur für die Zeit, in der die Anlage noch nicht amortisiert, der eventuelle Kredit noch nicht zurückbezahlt ist, erklärt Ecolo-Regionalminister Jean-Marc Nollet. Und danach? Nun, 65 Euro würden es dann nicht mehr sein, sagt der CDH-Regionalminister André Antoine. Allerdings werde man immer noch für sein Grünes Zertifikat eine Summe bekommen, die über dem Marktpreis liege.
So weit, so desaströs, poltert derweil die liberale MR-Opposition. Das sei doch der "Raub des Jahrhunderts". Die Regionalregierung begehe hier einen eindeutigen Vertrauensbruch. Die Spielregeln während der Partie zu ändern, das gehe einfach nicht, sagte der MR-Politiker Willy Borsus in der RTBF. Außerdem sei diese Übergangsregelung kaum in die Praxis umzusetzen. Wer entscheidet, wann eine Anlage amortisiert ist? Sollen alle 100.000 Haushalte, die Sonnenpaneele auf dem Dach haben, einzeln unter die Lupe genommen werden?, fragt sich Willy Borsus.
Dass das unmöglich ist, weiß man auch in Namur. Deswegen wird man wohl Kategorien definieren, wo je nach Alter oder Größe der Photovoltaik-Anlage festgelegt wird, wann sie amortisiert ist. Das alles gilt wohlbemerkt für die schon bestehenden Anlagen.
Aus Solwatt wird Qualiwatt
In Zukunft wird es ein von Grund auf neues System geben. Aus Solwatt wird Qualiwatt, Stichdatum ist der 31. März 2013. Für alle Solarpaneele, die danach installiert werden, werden keine "Grünen Zertifikate" mehr ausgegeben. Sie werden aber nicht ersatzlos gestrichen. Anstelle der Grünen Zertifikate wird es eine Bezuschussung geben, die nach Einkommen gestaffelt ist, wie der wallonische Ministerpräsident Rudy Demotte erklärte.
Diese Unterstützung wird über eine Ermäßigung auf die Stromrechnung erfolgen. Kleine Einkommen bekommen den Gegenwert von sieben Prozent der Gesamtrendite erstattet, und das für sieben Jahre. Bei höheren Einkommen sinkt stufenweise der Ermäßigung. Genauere Einzelheiten blieb die Regionalregierung aber schuldig.
Bild: Aurore Belot (belga)