Am Anfang steht eine Absage. Ursprünglich sollte Bart De Wever sein neuestes Buch auf der Brüsseler Buchmesse vorstellen. Aus angeblich organisatorischen Gründen wurde er aber ausgeladen. Die entsprechenden Formulare seien nicht fristgerecht eingereicht worden, hieß es zur Begründung. Der Verleger spricht seinerseits von Zensur ...
Ein neues Forum für die Buchvorstellung fand sich schnell: Der "Cercle de Lorraine", ein angesehener Unternehmerclub, lud Bart De Wever als Gastredner ein.
Diesen Auftritt hat der N-VA-Chef für Interviews mit der frankophonen Presse genutzt - bemerkenswert, da es sehr selten ist, dass sich De Wever direkt in frankophonen Medien äußert. Nach einem Interview mit der Zeitung La Libre Belgique nahm sich De Wever am Abend auch Zeit für ein halbstündiges Gespräch in der RTBF.
Der Ton macht die Musik
Auffallend war vor allem der Ton. De Wever gab sich betont nüchtern, suchte nicht plakativ die Konfrontation, sondern versuchte vielmehr, zu überzeugen. Dabei hat er aber nur die Ecken abgerundet, inhaltlich bleibt er sich treu.
Erste Feststellung: Wir leben in Belgien in zwei unterschiedlichen Demokratien. "Seien sie mal ehrlich", sagt De Wever, "anders kann man das doch gar nicht sehen. Es gibt keine nationalen Parteien, keine nationalen Medien und zwei unterschiedliche Öffentliche Meinungen."
De Wever formuliert das Ganze aber eben ohne Schärfe, will die Vernunft ansprechen. Auch wenn er sagt, dass alle Teilstaaten mehr Autonomie als Chance begreifen sollten. Im Grunde sehe er da auch schon Anzeichen dafür, dass die Wallonen das auch langsam einsehen. Wenn PS-Chef Paul Magnette etwa von einer "Nation Wallonie-Brüssel" spricht und an anderer Stelle unterstreicht, dass gewisse Wirtschaftsparameter in der Wallonie besser aussehen als in Flandern - dass die Autonomie also funktioniert -, dann müsste er nur noch eins und eins zusammenzählen. Die Wallonen müssen also eigentlich nur noch mehr an sich glauben. Das würde ihnen auch die Angst - auch gegenüber der N-VA - nehmen.
Doch warum schlägt seiner Partei so viel Misstrauen entgegen? "Die N-VA will eben das alte Spiel, so wie es jahrzehntelang funktioniert hat, nicht mehr mitspielen" erklärt De Wever. Grob zusammengefasst: Die Flamen stellen den Premier, dafür wird dann aber auf Druck der PS ein Mitte-Links-Kurs gefahren. Dass Flandern inzwischen ganz klar rechts von der Mitte steht, das bleibt dann außen vor. Es werde also eine Politik gemacht, die nicht dem Wahlverhalten der Flamen entspricht.
"Fixstern PS"
In De Wevers Augen ist die politische Landschaft im frankophonen Landesteil fast schon ein anderer Planet - ein Universum, in dem sich alles um den Fixstern "PS" dreht. Und er sei es leid, einen politischen Faktor berücksichtigen zu müssen, den er nicht beeinflussen kann und der demokratisch in Flandern nicht begründet ist.
Doch sollte man ihm nicht in den Mund legen, was er nicht sage: Er wolle Belgien nicht in die Luft jagen. Man fordere nicht die reine Spaltung des Landes, nur in den Bereichen, die für den jeweiligen Landesteil spezifisch sind - zum Beispiel die Soziale Sicherheit. Wenn es Geldtransfers von der einen in die andere Region gebe, dann müssten die auch klar beziffert werden. Gerade weil es in Sachen Solidarität bei den innerbelgischen Geldströmen viele Dunkelzonen gebe, seien die Zentrifugalkräfte so stark.
Das sehen die Frankophonen allerdings immer noch grundlegend anders. Deswegen geht auch die Angst um, dass 2014 ein Remake der Dauerkrise von 2010 droht. De Wever versichert, dass er es darauf bestimmt nicht anlegt. Er sei verantwortungsvoll genug, um zu wissen, dass sich das Land eine monatelange Blockade nicht leisten kann.
Wenn er auch äußerlich sanftere Töne anschlägt, macht Bart De Wever aus der Wahl 2014 dennoch quasi ein Referendum: entweder die traditionellen Parteien - die, wie er glaubt, eine Regierung Di Rupo II anstreben, oder die N-VA. Wobei er betont: "Der Wahlkampf hat noch nicht begonnen".
Bild: Benoît Doppagne (belga)
Wenn man versucht die NVA und Bart De Wever nicht durch die Brille des antiflämischen Brüsseler Kampfblattes Le Soir zu betrachten, wird man verwundert feststellen das Bart de Wever gar kein Wallonenfresser ist.
Das ist zwar wenig bekannt, aber eigentlich nichts Neues.
Ich empfehle de.redactie als Informationsmedium zu konsultieren um sich ausgewogen zu informieren und man wird festellen, dass die Dämonisierung von BdW durch die allmächtige wallonische PS befeuert wird und der Rest einfach der in der Demokratie übliche Diskurs zwischen unterschiedlichen Parteien ist.
Eine sachliche Auseinandersetzung würde dem Land besser bekommen als immer nur mit dem Finger auf die NVA zu zeigen - nur die scheut die PS in meinen Augen.
Unabhängig vom Thema kann ich nur bestätigen, dass deredactie.be (VRT) bedeutend ausgeglichener über die belgische Innenpolitik informiert (auch kritisch mit den "eigenen Leuten"), als alle französischsprachigen belgischen Medien zusammen, einschl. BRF!