Premierminister Elio Di Rupo hat Donnerstagabend zusammen mit einigen Ministern Vertreter von Gewerkschaften aus dem Werk von Caterpillar in Gosselies empfangen. Der Baumaschinenhersteller hatte Stunden zuvor die Entlassung von 1400 Mitarbeitern angekündigt.
Sowohl die Politiker als auch Gewerkschaftsvertreter äußerten nach dem Treffen ihre Sorge, dass die Entlassungswelle nur der erste Schritt zur vollständigen Schließung des Werks sein könnte.
Gewinne
Vor dem Hintergrund meldet die Zeitung L'Avenir, dass Caterpillar in Gosselies seit 20 Jahren nur schwarze Zahlen schreibt. Sogar im Krisenjahr 2010 hat Caterpillar in Gosselies noch einen Gewinn von 4,7 Millionen Euro netto erwirtschaftet. Der Blick auf die Bilanzzahlen zeigt ein Unternehmen, dem es eigentlich gut gehen müsste. Seit 1994 jedes Jahr Gewinne in Millionenhöhe, 33 Millionen Euro waren es noch 2005. Dazu nur eine durchschnittliche Steuerbelastung von 3,3 Prozent.
Glaubt man den Zahlen, die in der Zeitung L'Avenir zu lesen sind, ist das Werk in Gosselies gesund. Nach Firmenangaben ist der Standort in Gosselies der zweitwichtigste von Caterpillar weltweit. Dort sind derzeit noch rund 3.700 Menschen beschäftigt. Umso erstaunlicher also die Ankündigung, 1400 Mitarbeiter (rund ein Drittel der Belegschaft) entlassen zu wollen.
Nicht nur Gewerkschafen, auch Politiker befürchten, dass das noch nicht die ganze Wahrheit sein könnte. Nach dem zweistündigen Treffen bei Premierminister Elio Di Rupo am Donnerstagabend äußerten die Beteiligten ihre Furcht vor einer "versteckten Agenda", die bei der Unternehmensleitung bereits auf dem Tisch liegen könnte. Sprich: Weitere Maßnahmen, die noch zu drastischeren Einschnitten bei dem Werk in Gosselies führen könnten. Vielleicht sogar zur Schließung. Die Unternehmensführung wurde aufgerufen, mit offenen Karten zu spielen.
Der nächste offizielle Termin für Neuigkeiten ist der 7. März. Dann findet - laut der gesetzlich vorgeschriebenen Prozedur bei Entlassungen - eine erste Gesprächsrunde zwischen Werksleitung und Gewerkschaftsvertretern statt.
Beratungen gehen weiter
Einen Tag nach der Ankündigung wurde weiter über die Zukunft des Werks beraten. In Charleroi ist am Freitagvormittag der Stadtentwicklungsausschuss zusammengekommen und hat eine Task Force gebildet. Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften wollen in einem ersten Schritt die Direktion des Unternehmens dazu auffordern, detaillierte Gründe für den Umstrukturierungsplan anzugeben. Auch erwartet die Task Force Erklärungen seitens der Entscheidungsträger in den USA.
Auch im föderalen Ministerrat soll das Thema zur Sprache kommen. Der Chef von Caterpillar Gosselies erklärte am Freitag im Rundfunk, der Umstrukturierungsplan müsse aufgrund einer niedrigen Auftragslage erfolgen. Er sprach aber auch die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit in Belgien an. Caterpillar in Belgien sei weltweit das teuerste Werk des Konzerns.
Di Rupo verlangt eine Erklärung
"Wir brauchen Erklärungen, um zu verstehen, wie ein wirtschaftlich erfolgreiches Werk wie Caterpillar Wettbewerbsprobleme haben kann", sagte Premierminister Di Rupo im Anschluss an den Ministerrat von Freitag. Die Arbeiter bei Caterpillar seien hochqualifiziert und flexibel und das Unternehmen bringe einen großen Mehrwert mit sich. Dies seien doch die besten Voraussetzungen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, so Di Rupo.
Di Rupo erklärte, Caterpillar sei in Konkurrenz mit Baumaschinen aus dem Ausland, die minderen Umweltkriterien entsprächen und europäischen Kontrollen entgingen. Auch würden andere, nicht europäische Konkurrenten durch Exportbeihilfen unterstützt. Di Rupo erklärte, er wolle diesbezüglich die europäischen Instanzen konsultieren.
EU-Handelskommissar Karel De Gucht zeigte sich bereit, alle konkreten Informationen über mögliche wettbewerbswidrige Exportbeihilfen zu prüfen, die das Unternehmen Caterpillar in Schwierigkeiten gebracht haben könnten. Doch bislang sei bei der europäischen Kommission keine Akte hinterlegt worden, sagte De Gucht.
vrt/jp/cd - Bild: Jonas Roosens (belga)