Es war nicht der schönste Nachmittag im Leben des CD&V-Politikers Steven Vanackere. Der Finanzminister musste sich in der Kammer den mitunter wütenden Fragen von gleich einer ganzen Reihe von Abgeordneten stellen. Sie alle wollten wissen, ob Vanackere von einem Deal zwischen der christlichen Arbeiterbewegung ACW und der staatseigenen Belfius-Bank gewusst hat.
Bei dem Deal zwischen der christlichen Arbeiterbewegung ACW und der staatseigenen Belfius-Bank ging es um ein Paket Wertpapiere. Die ACW hat diese so genannten Genussscheine an die Belfius-Bank verkauft - für 110 Millionen Euro. 72 Millionen hat man gleich wieder bei der Bank geparkt, diese Einlage wurde als Kredit ausgewiesen. So weit, so unproblematisch.
Verwickelt wird die Angelegenheit, wenn es um den Zinssatz geht. Natürlich hat die ACW ihr Geld nicht umsonst bei Belfius angelegt. Vanackere selbst erwähnte in der vergangenen Woche einen Zinssatz von 6,25 Prozent. Wenige Tage später erfährt eine Zeitung aber von einer Geheimklausel, die besagt, dass es darüber hinaus noch einen Bonus gibt. Ein Zinssatz von 6,25 Prozent plus 1,5 obendrauf, davon hatte Vanackere nichts gesagt. Hat Vanackere gelogen? Oder wurde er belogen? Das Ganze schien umso brisanter, als Vanackere bekanntermaßen aus der christlichen Arbeiterbewegung kommt. Hat er also die ACW am Ende gar bevorteilen wollen?
Fragen über Fragen, und sogar bei den Mehrheitspartnern hat das Ganze die Hutschnur mächtig strapaziert. Die Liberalen jedenfalls forderten mit Nachdruck eine lückenlose Aufklärung. "Die Bank gehört schließlich dem Staat, das heißt uns allen", sagt Luk Van Biesen von der flämischen OpenVLD. Deswegen sei es doch wohl klar, dass die Regierung über alle wichtigen Geschäfte der Bank informiert werden müsste. MR und OpenVLD wollten gar nicht ausschließen, sich der Meinung der Opposition anzuschließen und für die Schaffung eines Untersuchungsausschusses zu plädieren. Erstmal wollte man aber die Antwort des Ministers abwarten.
Und Vanackere machte sogleich klar: "Ich kann in den Spiegel schauen." Er habe niemals dem Parlament wichtige Informationen vorenthalten. Und er habe es auch tunlichst unterlassen, sich ins Tagesgeschäft der Belfius-Bank einzumischen. Dieser letzte Punkt ist von wesentlicher Bedeutung. Nach der Dexia-Pleite hatte das Parlament eine ausgedehnte Ursachenforschung betrieben, eine Schlussfolgerung damals: Die Politik sollte sich aus Bankgeschäften heraushalten. Genau das habe er auch getan, sagt Vanackere. Das könne man ihm jetzt nicht vorwerfen.
Dann zitierte der Finanzminister aus einer Reihe von Briefen. Diese Korrespondenz beweise, dass er über den kommerziellen Deal zwischen der ACW und der Bank nicht im Bilde war. Bei Belfius begründe man diese Haltung mit dem Berufsgeheimnis. Der Schlüssel liege also bei den Verantwortlichen der BelfiusBank. Deswegen schlage er dem Parlament vor, etwa den Aufsichtsrats-Präsidenten oder den Geschäftsführer von Belfius anzuhören. Und er werde die Belfius-Bosse dazu anhalten, gleich alle Einzelheiten auszubreiten. Vom "tröpfchenweisen Kommunizieren" hat auch Vanackere die Nase voll.
Die flämischen Liberalen waren offensichtlich mit der Antwort zufrieden, der Vorschlag, die Belfius-Bosse anzuhören wurde aufgegriffen. Das soll in Kürze im zustandigen Finanzausschuss der Kammer passieren. Zumindest in den Augen der Mehrheitsparteien hat Vanackere also erstmal die Wogen geglättet. Bis zur nächsten Enthüllung ...
Bild: Nicolas Lambert (belga)