Der Stahlkonzern ArcelorMittal schließt in Lüttich mehrere Linien in den Kaltphase-Werken. Das hat die Direktion den Gewerkschaften auf einer außerordentlichen Betriebsratssitzung in Flémalle mitgeteilt. Bis zu 1.300 Beschäftigte müssen um ihren Arbeitsplatz fürchten. Sieben der zwölf Kaltphase-Linien sollen definitiv stillgelegt werden.
Der Konzern nennt das anhaltend schwache Stahlgeschäft in Europa als Grund für den Schritt. Die Nachfrage liege derzeit fast 30 Prozent unter dem Niveau von vor der Krise. Die Stahlproduktion in Lüttich habe in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres einen Verlust von 200 Millionen Euro eingefahren.
Bei ArcelorMittal in Flémalle haben aufgebrachte Beschäftigte Autowracks und -reifen in Brand gesteckt. Die Produktion in den ArcelorMittal-Werken liegt still.
Gewerkschaftsvertreter sprachen von einem neuen sozialen Blutbad in der Region und befürchten das vollständige Aus für die Lütticher Stahlproduktion. Sie geben der Politik eine Teilschuld. Sie habe sich zu wenig für den Erhalt der Arbeitsplätze im Lütticher Stahlsektor eingesetzt.
Di Rupo trifft Lakshmi Mittal
PS-Präsident Paul Magnette bezeichnet das Vorgehen von ArcelorMittal als Verrat, weil das Unternehmen stets betont hatte, die Lütticher Kaltwalzwerke seien strategisch wichtig. Der wallonische Wirtschaftsminister Jean-Claude Marcourt glaubt, ArcelorMittal habe die Werksschließung von langer Hand geplant. Arbeitsministerin De Coninck hat eine Task Force angeregt. Die Wallonische Region könne mit der Unterstützung der Föderalregierung rechnen.
Ein Treffen von Premierminister Di Rupo mit ArcelorMittal-Chef Lakshmi Mittal beim Weltwirtschaftforum in Davos ist ergebnislos verlaufen. Am Freitag wollen Föderalregierung und die Regierung der Wallonischen Region die Lage beraten. Die Mitarbeiter von ArcelorMittal wollen dazu ebenfalls nach Brüssel ziehen, um ihr Schicksal deutlich zu machen. Für Montag ist eine Versammlung aller Beschäftigten bei ArcelorMittal geplant.
Erst Ende letzten Jahres hatten mit dem Ende der Warmstahlproduktion in Lüttich 800 Mitarbeiter ihren Job verloren. Die Gewerkschaften konnten sich mit der Direktion bislang nicht auf einen Sozialplan für die Betroffenen verständigen. Einen solchen Plan hatte ArcelorMittal als Bedingung für weitere Investitionen in den Lütticher Standort genannt.
belga/rtbf/jp/okr - Bild: Eric Lalmand (belga)