Die Lage ist seit der Kommunalwahl vor drei Monaten festgefahren. Die geheime Abstimmung von Mittwochabend war äußerst umstritten, weil damit der Cordon sanitaire um den Vlaams Belang zum ersten Mal durchbrochen wird. Vor dem Rathaus von Denderleeuw kam es zu Protesten.
Demokraten aller Parteien hatten dieses Szenario befürchtet. In einer geheimen Abstimmung wird das neue Schöffenkollegium in der Kleinstadt gewählt - dank der Stimmen des Vlaams Belang.
Ausgangspunkt ist eine politische Patt-Situation: Zwei ebenstarke Lager haben nicht die erforderliche Mehrheit. Auf der einen Seite N-VA und CD&V, auf der anderen Seite SP.A und Open VLD. Die traditionellen Parteien haben es nicht geschafft, sich untereinander zu einigen. Einziger Ausweg: Eine Minderheitskoalition unter Duldung der Rechtsextremen.
Auf den Schutzwall gegen den Vlaams Blok hatten sich die flämischen Parteien Anfang der 1990er Jahre geeinigt. Damit wollten sie verhindern, dass die Rechten jemals an die Macht kommen.
Kritik von Parteivorsitzenden
Scharfe Kritik an der Haltung ihrer Lokalgruppen in Denderleeuw kommt von fast allen Parteivorsitzenden. Allen voran: der Grüne Wouter van Besien. Wie zum Teufel hätten CD&V und N-VA so etwas zulassen können? Planen sie ein solches Kabinett etwa auch auf flämischer Ebene nach der Wahl 2014?
Auch die Parteiführungen von Sozialisten und Liberalen sprechen von einer schlechten Entscheidung und bedauern, dass die traditionellen Parteien nicht aufeinander zugegangen sind. Für die Lokalgruppen von Nationalisten und Christdemokraten wird der sogenannte Cordon sanitaire nicht gebrochen, weil der Vlaams Belang nicht in der Mehrheit sitze. Die Rechtsextremen sind jetzt jedoch zum Königsmacher geworden.
Kris Peeters besorgt
Nach der Bildung einer Minderheitskoalition mit Duldung des Vlaams Belang in Denderleeuw hat sich Flanderns Ministerpräsident Kris Peeters besorgt geäußert. Im flämischen Rundfunk sagte er, auch auf kommunaler Ebene seien stabile Verhältnisse nötig. Wenn man auf die Duldung einer Partei angewiesen sei, sei es fraglich, ob Regieren überhaupt möglich sei.
Die Sorge der flämischen Grünen, auch auf regionaler Ebene könnte eine Regierung mit Duldung der Rechtsextremen zustande kommen, wies Kris Peeters allerdings als unbegründet zurück. Er gehe davon aus, dass Flandern auch nach den Regionalwahlen von 2014 eine stabile Mehrheit habe.
Die Vorsitzenden von SP.A und Open-VLD, Bruno Tobback und Gwendolyn Rutten sehen die Schöffenwahl in Denderleeuw mit Hilfe der Rechtsextremen ebenfalls mit Bedauern. Tobback sprach von einer schlimmen Sache, sowohl für die Politik als auch für die Stadt. Gwendolyn Rutten warf den anderen Parteien vor, dass sie es nicht geschafft haben, eine Mehrheit zu bilden. Offenbar sei der Wunsch, an die Macht zu kommen, größer gewesen als der Wille, zu einer Einigung zu gelangen, wie man ihn von demokratischen Parteien erwarten dürfe.
Provinzgouverneur soll schlichten
Der flämische Innenminister Geert Bourgeois (N-VA) hat dem Gouverneur von Ostflandern, André Denis, einen neuen Vermittlungsauftrag erteilt. Denis soll den Weg frei machen zur Wahl eines neuen Bürgermeisters in Denderleeuw.
Der amtierende Bürgermeister, Jo Fonck von der SP.A hat sich bereit erklärt, auch weiterhin für dieses Amt zur Verfügung zu stehen. Er werde alles tun, um die Gemeinde regierbar zu halten.
Sollte sich kein Kompromiss finden, kann Geert Bourgois einen Bürgermeister bezeichnen.
vrt/alk/sh - Bild: Kristof Van Accom (belga)