
Dazu haben die frankophonen Sozialisten am Dienstag im Senat einen Gesetzesvorschlag eingereicht, der gute Chancen hat, eine Mehrheit zu finden.
Die wichtigste Bestimmung des Gesetzes lautet, dass ein Patient, der unheilbar krank ist, für den also keine Aussicht auf Genesung mehr besteht, und dazu noch unerträgliche Schmerzen leidet, ein Recht auf aktive Sterbehilfe hat. Das heißt konkret, er kann die ihn behandelnden Ärzte bitten, seinem Leben mittels einer Spritze ein Ende zu bereiten. Diese Möglichkeit besteht seit 2002, also seit zehn Jahren, und wird mehr und mehr in Anspruch genommen. Letztes Jahr waren es genau 1133 Patienten, die mit medizinischer Hilfe aus dem Leben geschieden sind.
Künftig Euthanasie für Minderjährige und Demenzkranke
Der sozialistische Senator Philippe Mahoux, der übrigens selbst Arzt ist und zu den Vätern des bestehenden Gesetzes zählt, hat ihm Senat einen Vorschlag eingereicht, der im Grund zweierlei vorsieht: Zum einen soll die Möglichkeit der Euthanasie künftig auch für Minderjährige gelten und zum anderen soll zumindest geprüft werden, ob es nicht ebenfalls möglich ist, das Gesetz auf Demenzkranke oder Alzheimerpatienten, auszudehnen.
Für die Minderjährigen gibt es natürlich Bedingungen. Sie müssen die Bedingungen des bestehenden Gesetzes erfüllen, das heißt: Unheilbar krank sein und unerträgliche Schmerzen leiden. Ein weiteres Kriterium ist ihr Urteilsvermögen, das heißt ob sie in der Lage sind, ihre Krankheit richtig einzuschätzen und sich ein Urteil über ihre Situation zu bilden. Das ist nicht unbedingt eine Frage des Alters sondern der geistigen Reife, und ob die vorhanden ist, darüber müssen im Einzelfall Ärzte und Psychologen entscheiden. Wenn sie der Meinung sind, dass der Jugendliche reif genug ist, seine Lage objektiv richtig einzuschätzen, dann soll er, genau wie die Erwachsenen ebenfalls Recht auf Sterbehilfe haben.
Bei den Demenzkranken ist die Situation natürlich wesentlich schwieriger, denn sie sind ja im Prinzip nicht mehr fähig, ihre Krankheit zu beurteilen und eventuell Euthanasie zu beantragen. Dessen ist sich auch Senator Philippe Mahoux bewusst. Trotzdem möchte er im Rahmen der Diskussion über die Ausdehnung der Euthanasie auch die Situation der Demenzkranken, beziehungsweise der Alzheimerpatienten zur Sprache bringen. Diesbezüglich gibt er zu bedenken, dass viele dieser Patienten in den ersten Stadien der Krankheit durchaus noch klar denken können um sich gegebenenfalls für Sterbehilfe zu entscheiden. Bei anderen ist der Zustand nicht unbedingt irreversibel, so dass man sie nicht ohne weiteres automatisch von der Sterbehilfe ausschließen sollte.
Kritiker geben allerdings zu bedenken, dass bei den Alzheimerpatienten nicht selten nicht der Patient selbst, sondern die nächsten Angehörigen auf Euthanasie drängen, weil sie durch die Begleitumstände der Krankheit psychisch und moralisch dermaßen angegriffen sind, dass sie eine Euthanasie befürworten. In diesem Fall ist es also sehr schwierig abzuwägen, ob der Wille zu sterben vom Patienten selbst kommt oder von seiner unmittelbaren Umgebung.
Reaktion der anderen Parteien auf Gesetzesvorschlag
Im Großen und Ganzen ist die Reaktion auf den Gesetzesvorschlag der frankophonen Sozialisten positiv. Die flämischen Sozialisten und Liberalen hatten ihrerseits bereits in der Vergangenheit ähnliche Vorschläge unterbreitet und begrüßen es, das die Diskussion über eine Gesetzesnovelle durch den Vorschlag der PS neu in Gang gebracht wird. Die frankophonen Liberalen und die Grünen zeigen sich ebenfalls aufgeschlossen.
Lediglich die Christlich-Sozialen haben erhebliche Bedenken. Sie sind im Prinzip nicht für eine Ausdehnung des Euthanasiegesetzes, auch wenn Sie bereit sind, darüber zu reden. Allerdings unter einer Bedingung, nämlich dass auch eine Erweiterung und Verbesserung der Palliativpflege in die Diskussion aufgenommen wird.
Archivbild: Vadim Balantsev (istockphoto)