Vizepremierministerin Laurette Onkelinx (PS) hat Zweifel, dass die Föderalregierung die Sparauflagen der EU noch erfüllen kann. Grund dafür ist die aktuelle Entlassungswelle in Belgien, unter anderem ausgelöst durch die Schließung von Ford Genk und den Einschnitten bei Duferco und Arcelor Mittal.
Zu Beginn der Haushaltssitzung des Kernkabinetts sagte Onkelinx, nach diesen Nachrichten könne man nicht einfach einen normalen Haushalt aufstellen. Man müsse auch etwas für die Unternehmen und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze unternehmen. Dafür müsse die Regierung auch die europäischen Vorgaben verletzen dürfen.
Die EU fordert von Belgien, das Haushaltsdefizit im nächsten Jahr auf 2,15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu begrenzen. Bis 2015 soll der Haushalt ausgeglichen sein. Onkelinx befürchtet, mit dem Festhalten an diesem Ziel werde sich die Krise noch verschlimmern. Statt zu Sparen müsse die Regierung in die Schaffung von Arbeitsplätzen investieren.
Bei den Koalitionspartnern der MR, VLD und CD&V stieß der Vorschlag auf Ablehnung. Der christdemokratische Finanzminister Vanackere sowie liberale Spitzenpolitiker aus der Wallonie und Flandern sprachen sich im Laufe des Tages für das Festhalten an den EU-Normen aus. Wenn Belgien davon abweiche, würde dies unter anderem eine Anhebung der Zinsen auf Anleihen mit sich bringen und somit den Staatshaushalt zusätzlich belasten.
Außenminister Reynders verschiebt Nahost-Reise
Aus dem Kabinett des MR-Politikers hieß es, die jüngsten sozio-ökonomischen Entwicklungen in Belgien und die daraus resultierenden Termine machten die föderalen Haushaltsberatungen komplexer als vorgesehen. Daher sehe Reynders keine Möglichkeit, die seit längerem geplante Reise am Dienstag anzutreten. Sie hatte den Außenminister nach Kairo, Amman, Jerusalem und Tel Aviv sowie in die Palästinensergebiete führen sollen.
Die Haushaltsberatungen müssen immer wieder unterbrochen werden wegen wichtiger Treffen verschiedener Ressortchefs mit Gewerkschaftsvertretern der Unternehmen, die von Schließung oder hohen Arbeitsplatzverlusten betroffen sind.
Auf einer Pressekonferenz haben der wallonische Ministerpräsident Demotte und Haushaltsminister Antoine unterdessen am Vormittag auf die Anstrengungen der Wallonischen Region und der Föderation Wallonie-Brüssel verwiesen, um den föderalen Haushalt 2013 zu entlasten. Man habe 190 Millionen Euro für diesen Zweck frei gemacht, erklärten beide Politiker. Insgesamt zählt die Föderalregierung von Seiten der Gliedstaaten auf eine Summe von 350 Millionen.
vrt/belga/sh/mh - Bild: Dirk Waem (belga)