"Die Nacht der langen Messer", so beschreibt es die Zeitung De Morgen. In Flandern haben Beobachter schon 30 Gemeinden gezählt, wo die stärkste Kraft durch eine Koalition kleinerer Parteien in die Opposition befördert wird.
Sichtbarstes Beispiel ist Kortrijk: Dort hat der langjährige CD&V-Bürgermeister Stefaan De Clerck zwar seine Spitzenposition verteidigt. Er dürfte dennoch in der Opposition landen, weil der Open-VLD-Mann Vincent Van Quickenborne eine alternative Mehrheit mit SP.A und N-VA gefunden hat. Van Quickenborne dürfte denn auch die Föderalregierung verlassen, um sich die Bürgermeisterschärpe umzubinden.
Solche Episoden könnten auch für Spannungen in der Föderalregierung sorgen, wo CD&V und OpenVLD Partner sind. Die gleiche Feststellung gilt für PS und CDH. In Brüssel-Stadt hatte der alte und neue PS-Bürgermeister Freddy Thielemans den bisherigen Koalitionspartner fallengelassen, die CDH von Joëlle Milquet.
Die Vergeltung folgte auf dem Fuß. In Molenbeek, wo das PS-Urgestein Philippe Moureaux bislang mit Ecolo und CDH verhandelte, wendete die CDH sich urplötzlich der MR zu. Konsequenz: Der Koalitionsvertrag zwischen MR, CDH und Ecolo steht, die PS ist draußen. Altmeister Philippe Moureaux wird in seiner Gemeinde Molenbeek nach 20 Jahren entmachtet. La Libre Belgique spricht schon von einem "Bruch" zwischen PS und CDH.
"De Wever führt sich auf wie ein kleines Kind"
N-VA-Chef Bart De Wever beklagte seinerseits, dass seine Partei stellenweise systematisch in der Opposition gehalten wird. Das werde gar von höherer Stelle so veranlasst. Das beweise doch nur, dass es eine Reihe von Vorabkommen gegeben habe, die speziell gegen die N-VA gerichtet waren. "Wir lassen uns davon aber nicht beirren", sagt De Wever, "und wir werden beizeiten die Rechnung präsentieren".
Beobachter und Politologen haben derweil schon ermittelt, dass De Wevers Analyse nicht stimmt: Die N-VA sei genauso oft mit im Boot wie draußen. Kortrijk sei im Übrigen der beste Beweis: Da beteiligt sich die N-VA daran, die CD&V in die Opposition zu kegeln. Die N-VA beherrsche das Spiel genauso gut wie die anderen. CD&V-Chef Wouter Beke wird denn auch schon mit einem scharfen Seitenhieb zitiert: "De Wever führt sich auf wie ein kleines Kind".
Archivbild: Kurt Desplenter (belga)