Wenn am Sonntag die ersten Ergebnisse bekannt werden, blickt das ganze Land auf Antwerpen. Wie geht das Duell zwischen De Wever und Janssens aus? Bekommt der Nationalist die Bürgermeisterschärpe oder darf der Sozialist - flankiert von den Christdemokraten - die Schärpe für weitere sechs Jahre tragen?
In Antwerpen geht es nicht so sehr um die echten kommunalen Themen - nämlich die Sicherheit und den Verkehr - sondern vielmehr um die Machtposition der N-VA.
Bart De Wever hat die Kommunalwahl zum Stimmungstest für die Mehrheitsparteien ausgerufen. Nicht für oder gegen mehr Polizisten in den Straßen oder für oder gegen eine Umgehungstraße für die Hafenmetropole, sondern für oder gegen die Regierung Di Rupo.
De Wever betrachtet die Wahl am Sonntag als eine Generalprobe auf dem Weg zur sogenannten "Monster-Wahl 2014". Dann will er - dem Vernehmen nach - flämischer Ministerpräsident werden, den belgischen Föderalstaat blockieren und für mehr flämische Eigenständigkeit kämpfen. Es steht dabei viel auf dem Spiel für die N-VA, die Neue Flämische Allianz von Bart De Wever. Denn bislang verfügen die Nationalisten noch nicht über das nötige Fundament. Über ein dichtes Netz von kommunalen Vereinen und Einrichtungen, die einst aus Christdemokraten, Sozialisten und Liberalen richtige Volksparteien gemacht haben.
Wenn die Nationalisten ihre Wahlerfolge von der Parlamentswahl 2010 wiederholen wollen, müssen sie ihre Macht erst mal an der Basis festigen. Ansonsten drohen sie zu einer Eintagsfliege zu werden. Der Absturz könnte dann genau so steil und rasant sein wie der Aufstieg - siehe Liste Dedecker. Von einst sechs Sitzen in der Kammer ist heute nur noch der eine von Jean-Marie Dedecker übrig.
Dass sich am Sonntag in Antwerpen nur sehr wenig um die echten Themen der Stadt dreht, ist bedauerlich. Aus der Sicht der N-VA aber verständlich. Ihr geht es um Machtfestigung - übrigens nicht nur in der Hafenstadt, sondern in ganz Flandern. 308 Gemeinden zählt der Norden des Landes und überall wird man zu erst wissen wollen: Wie haben die Nationalisten abgeschnitten?
Viel schlimmer ist aber, dass die Mehrheitsparteien sich auf dieses Spielchen eingelassen haben. Seit Wochen geht in der Föderalregierung nichts mehr. Kein Haushaltsentwurf, keine schlüssige Entscheidung. Die Herren und Frauen Minister und Staatssekretäre wollen lieber den Ausgang der Kommunalwahl abwarten. Nicht zu vergessen: Fast alle Regierungsmitglieder - inklusive Premier und Vizepremiers - stellen sich in ihrer Heimatgemeinde zur Wahl.
In der Wallonie ist der Urnengang weniger spannend. "Wie stark werden die Sozialisten?" lautet hier die Hauptfrage. In Brüssel wird es darum gehen zu sehen, wie die französischsprachige Splitterpartei FDF ihre Trennung von der liberalen MR verkraftet. In Ostbelgien dürfte es bei der Bürgermeisterfrage - abgesehen von Eupen - keine großen Überraschungen geben.
Doch zurück nach Antwerpen. Auffallend ist, dass Herausforderer Bart De Wever Amtsinhaber Patrick Janssens kaum angegriffen hat, seine Arbeit nur wenig kritisierte. Stattdessen hat er lieber auf Di Rupo und Co. draufgehauen. Je nachdem, wie die Wahl am Sonntag ausgeht, könnte sie - nach dem ganzen Hin und Her - jetzt tatsächlich zur Zerreißprobe für die Föderalregierung werden. Wenn CD&V und Open VLD flandernweit nämlich massiv Stimmen verlieren, kommen turbulente Zeiten auf die Koalition zu.
Vielleicht weiß De Wever aber auch, dass es eng werden könnte und war deshalb so zurückhalten gegenüber Noch-Bürgermeister Janssens. Denn kommt es hart auf hart, sind beide Parteien zur gemeinsamen Regierungsarbeit in Antwerpen verdammt. Die Antwort bekommen wir in wenigen Stunden.