Die sechste Staatsreform, die zurzeit auf föderaler Ebene umgesetzt wird, soll den Teilstaaten nicht nur mit mehr Zuständigkeiten bringen, Gemeinschaften und Regionen sind künftig auch finanziell für sich selbst verantwortlich. In zehn Jahren soll es keine Ausgleichszahlungen mehr geben.
Sprich: Die ärmeren Wallonen dürfen nicht mehr auf Finanzmittel aus dem reicheren Flandern rechnen. Um sich auf das neue Zeitalter vorzubereiten und sich fit zu machen für die Zukunft, tagt die wallonische Regierung zwei Tage lang (Mittwoch und Donnerstag) in Tournai.
Acht Minister um einen Tisch vereint im hochmodernen ‘Innovation Center‘ von Tournai. Dort, wo sonst junge Unternehmer der Region in die Zukunft starten, will die Regierung von Ministerpräsident Rudy Demotte die Wallonie für das neue Zeitalter rüsten.
‘Horizont 2022‘ heißt der Strategieplan, der jetzt erarbeitet werden soll. "In Zukunft werden wir viel mehr Aufgaben wahrnehmen müssen als heute", erklärt der wallonische Wirtschaftsminister Jean-Claude Marcourt von der PS. "Es geht darum, unsere Unternehmen und die Wirtschaft zu stärken, neue Jobs zu schaffen. Damit wir später stark genug sind."
Später: Das ist im Jahr 2022, wenn das Geld zwischen den Regionen des Landes nicht mehr fließt. Die klaren Verhältnisse sollen dafür sorgen, den Extremisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, sagt Ministerpräsident Demotte. An Geld fehlt es heute schon im Süden des Landes. Deswegen sollen ähnlich wie beim erfolgreichen Marshall-Plan der wallonischen Regierung Prioritäten gesetzt werden.
"Lasst uns auf Kurs bleiben", so der wallonische Finanzminister André Antoine von der CDH, "und auf den Erfolgen der letzten zwei Jahre bauen. Da, wo uns der Wind in den Segeln fehlt, müssen wir jetzt halt paddeln." Sechs große Baustellen sollen mit Hilfe von Wissenschaftler und Akademikern erarbeitet werden. Schwerpunkte sind Bürokratieabbau, Innovation, Umwelt und Bildung.
"Die Staatsreform komme zum richtigen Zeitpunkt", meint der grüne Energie-Minister Jean-Marc Nollet. Jetzt sei der richtige Moment, um die Wallonie mit neuen Zuständigkeit und zusätzlichen Finanzmitteln und Eigenverantwortung auszustatten. Leicht wird die Aufgabe nicht, denn laut Experten hinkt der Süden des Landes dem Norden noch immer hinterher. Aber an einer Zukunftsvision, dem ‘Horizont 2022‘ fehlt es nicht.
Bild: David Stockman (belga)